Jan Kasperlik ist Fahrer und Teamchef bei Allied-Racing. Mit GT-Place sprach der Bayer über die Saisonpläne in der ADAC GT4 Germany, der GT4 European Series, der DTM Trophy, auf der Nürburgring-Nordschleife und in der 24h Series. Zudem erläutert er, wieso das Team nach nur einer Saison sich vorerst aus dem Porsche Carrera Cup zurückzieht. Schlussendlich erläutert Kasperlik, wie das Team durch die Coronakrise kommt und Zukunftspläne des Teams.
Im Jahr 2019 debütierte die ADAC GT4 Germany. Was sind deine Eindrücke zu der Serie? Wo besteht noch Verbesserungsbedarf?
Alles zusammen betrachtet war das Jahr eins seitens Organisation echt gut. Manchmal waren Terminpläne zwar etwas knapp und eng gestrickt, aber alles realisierbar. Einziges stellenweise schwieriges Thema ist die BoP – hier muss man allerdings die ADAC etwas in Schutz nehmen – man stützt sich ja zu 100% auf die BoP der SRO und lässt die SRO „freien“ Lauf. Eventuell müsste man hier ein Kontrollorgan einführen, die Messtechnik von Memotec ist dafür mehr als ausgelegt.
Zur Saison 2020 stockt Allied-Racing das Programm in der ADAC GT4 Germany auf drei Fahrzeuge auf – was sind eure Ziele in dieser Saison?
Die Aufstockung ist durch die massive Nachfrage bedingt. Wir könnten sogar vier Autos besetzen, aber der Stress für die Mannschaft ist mit drei Autos ohnehin schon groß genug, darum haben wir das vierte nicht umgesetzt. Zusätzlich gibt es, meiner Meinung nach, nur die Möglichkeit drei Autos seriös umzusetzen, da es drei Wertungen gibt – somit sieht sich kein Auto in direkter Konkurrenz. Ziel ist es ganz klar in jeder Wertung ganz oben mitzumischen. Kasperlik/Möller-Madsen in der Gesamtfahrerwertung, Sturm/Fetzer in der Junior-Wertung und Kosch/Kiefer in der Trophy-Wertung. Gerade Junior- und Trophywertung wird schwierig, da sich hier der zweite Fahrer in der Regel immer einen Profi kauft, um dann die Wertung zu gewinnen – das machen wir nicht, weil es definitiv gegen die eigentliche Idee hinter den Sub-Wertungen spricht.
Hier mehr zum ADAC GT4 Germany-Aufgebot von Allied-Racing.
Für das Programm in der ADAC GT4 Germany und der GT4 European Series konntet ihr mit Nicolaj Møller Madsen einen der erfolgreichsten und erfahrensten GT4-Piloten gewinnen. Wie wichtig ist der Däne für das Team?
Nicolaj ist heuer sehr wichtig. Als Rennfahrer klar im Auto um stabil zu sein und Siege miteinander zu holen, aber abseits als Coach soll er mich ergänzen. Nicolaj und ich sind beide Stark im Ausfahren des Setups, was auf die anderen Autos übertragen werden kann. Erstmalig, dass einer genau so exakt ein Auto analysieren kann wie ich – da freut sich der Chef-Ingenieur Schmidt-Gogler immer richtig…😊 Daher kann ich auch mal beim Testen guten Gewissens daheimbleiben und mich um die Firma kümmern, wenn die Mannschaft beim Testen ist.
Nicolaj Møller Madsen soll auch weitere Aufgaben im Team übernehmen, kannst du diese genauer erläutern?
Nicolaj ist mit mir Fahrercoach, Setupfahrer und zeigt den Jungen auch das Verhalten außerhalb des Autos – täglich Sport. Was bei uns zusätzlich wichtig ist, dass sich die Jungs auch VORBEREITEN müssen auf die Rennstrecken, eigene Trackmap erstellen, eigenes Fahrverhalten voraus skizzieren und nach den ersten Runden selbstkritisch beantworten/korrigieren. Da müssen die Junioren hin und da soll Nicolaj Ihnen helfen. Ziel ist es von meiner Seite aus einen zweiten Fahrer neben mir zu haben, der mich auch hier ersetzen kann und ich guten Gewissens daheim bleiben kann und mich um die Firma kümmere.
In der GT4 European Series werdet ihr zwei Wagen einsetzen – was sind deine Ziele in dieser Serie?
Auch hier – ganz klar – gewinnen von Meisterschaften. Die Pro-Am-Paarung steht mit Nicolaj/Viebahn. Buus und ich diskutieren gerade mit der FIA, warum ein 16-jähriger GT-Anfänger wie Bastian Buus plötzlich als Silber eingestuft wird. Normalerweise sollte Bastian Bronze sein – so wie Marius Zug 2019 oder Jan Marschalkowski 2020 auch. Daher kämpfen wir noch um die Am-Paarung.
An dieser Stelle könnt ihr mehr zum Aufgebot von Allied-Racing in der GT4 European Series lesen.
Wie stark unterscheidet sich die European Series von der ADAC GT4 Germany – was sind die jeweiligen Vorteile der Serien?
Die Meisterschaften sind sich sehr ähnlich. Alleine das Fahrerlevel ist in der GT4 European Series aufgrund der Internationalität etwas höher einzustufen – so war es in 2019 – aber nun muss man noch abwarten was in 2020 passiert. Die ADAC GT4 Germany ist jedoch viel besser vermarktbar, d.h. alleine die Live-Übertragung auf Sport 1 ist für Sponsoren essentiell – da hinkt die GT4 European Series deutlich hinterher – zumindest für ein deutsches Team wie wir aus der DACH-Region.
Im Jahr 2019 ist Allied-Racing im deutschen Porsche Carrera Cup debütiert, doch nach nur einer Saison zieht ihr euch aus der Rennserie wieder zurück, warum beendet ihr das Projekt so zeitnah erneut?
Leider starten wir 2020 nicht im Carrera Cup – obwohl wir 3 Autos 100% einsatzfähig hier haben. Wir hatten zwei vielversprechende Jungs (20 und 21) bereits eingeplant – jedoch hat Corona hier ein wenig zugeschlagen. Das Budget wurde von Ihren Sponsoren gekürzt und daher mussten wir Alternativprogramme entwickeln. Budget kürzen im Carrera Cup geht einfach nicht – wir wollen nicht streichen an Budget für Bremsen, Fahrwerks-Revisionen, Ersatzteile, Radlager, etc… sonst hast Du einfach keine Chance! Der Wagen muss immer 100% top sein – egal ob der Fahrer das schon umsetzen kann oder nicht – aber ohne Top-Auto, weil volles Budget kein Start – LEIDER. Zusätzlich ist der Carrera Cup für wirklich ambitionierte Jungs gedacht: das schwierigste Auto zum Fahren, da kein ABS, dazu mechanischer Grip nur dann an der Vorderachse, wenn Du das Auto mit der Bremse dahin zwingst und „teuer“ – diese Aussage ist ein Zitat eines Fahrers der nun ADAC GT Masters fährt für deutlich weniger Budget auf einem mechanisch einfacherem Auto. Es bleibt folgendes als Fazit Carrera Cup stehen:
- Wir wollen 2021 mit den neuen Cup-Modellen wieder starten
- Die Fahrer die Profi werden wollen, MÜSSEN über den Carrera Cup gehen
- Volles Budget muss vorhanden sein – das wird 2021 mit Sicherheit nicht weniger
- Mit der Fahrausbildung muss man 2020 schon beginnen um 2021 schnell zu sein
Mit Felix Hirsiger startet ihr auch in der DTM Trophy – der Pilot ist den meisten Zuschauern nicht wirklich bekannt. Kannst du ihn etwas genauer vorstellen?
Oh – Felix Hirsiger wäre eigentlich einer unserer Carrera Cup-Männer gewesen – allerdings ist er sponsorentechnisch durch Corona geschädigt, so dass wir umswitchen mussten. Felix hat uns zufällig im Rahmen der GT4 European Series 2019 auf dem Nürburgring besucht und wir haben uns auf Anhieb verstanden. Erste Tests im November 2019 in Paul Ricard im Cup-Auto folgten. Auf Anhieb ein hohes fahrerisches Level – Felix war in der französischen Formel 4-Serie aktiv – hatte allerdings drei Jahre Pause, aber das hohe fahrerische Level war sofort wieder da. Felix ist kein Unbekannter und hat auch im Simracing einige Preisgelder eingefahren – wohl erzogen, gebildet und Schweizer – da kommt was…
Hier könnt ihr mehr zum DTM Trophy-Programm lesen.
Was hat für euch den Ausschlag gegeben in der DTM Trophy zu starten? Was macht die Serie für euch attraktiv?
Na ja – im groben handelt es sich ja um unser GT4-Auto, aber eben alleine zu fahren. Und das ist das wichtige für Felix. Ausschlaggebend ist das Format für uns in der DTM Trophy zu starten. Aufgrund der DTM-Ungewissheit wird es aber vermarktungstechnisch schwierig um die DTM Trophy.
Im Winter habt ihr auch geplant einige Läufe in der Nürburgring Langstrecken-Serie (ehemals VLN) zu bestreiten und mit zwei Wagen beim 24h-Rennen zu starten. Besteht der Plan trotz der Verschiebung weiterhin? Wie ist dabei derzeit der Stand der Planung?
Die Planung bleibt. Ich denke Ende Juni ist der erste Lauf auf der Nordschleife. Die Überschneidung im September des 24h-Rennens mit der GT4 European Series wird gerade seitens der SRO aus dem Weg geräumt, so dass auch hier die Planung bleibt. Klar ist: wir starten auf Pirelli Reifen in der SP10. SP7 ist derzeit noch auf Michelin geplant.
Auch eine Rückkehr in die 24H Series ist geplant, kannst du dazu schon mehr sagen, was ihr in dieser Saison in der Meisterschaft plant?
Wir starten in der 24h Series Europa-Wertung – derzeit erstes Rennen ist Portimao geplant. 1 x Cup und 1 x GT4 – das ist die Grundaufstellung.
Viele Rennteams gründen nun in der rennfreien Zeit Simracing-Mannschaften. Wie stehst du zu dem Thema?
Wir haben kein neues Simracing-Team gegründet, sondern das bestehende Team TCS-Off hat unser eSport-Thema übernommen. Ehrlich gesagt ist das Thema Simracing echt „gefährlich“ zu betrachten. Gerade bei Autos mit mechanischem Grip wie GT4 oder Cup-Porsche sind Plattformen wie Raceroom oder iRacing vom Fahrzeug-Handling weit weg von der Realität, d.h. hier muss man echt aufpassen, dass man seinen Fahrstil nicht versaut – wenn man umschalten kann zwischen den Stilen dann ok – aber sonst…
Wir haben ja auch einen Simulator, aber alleine habe ich lange gebraucht um die Fahrzeuge Cup und GT4 so einzustellen, dass diese fahren wie in der Realität, damit man die Rennfahrer-Jugend wirklich kostengünstig ausbilden kann. Also muss man ehrlicherweise die Anwendungen unterscheiden:
- Simulator zur Ausbildung des Fahrstils
- Teilnahme an eSport Meisterschaften zum Training Rennverhalten
Einige Teams gaben schon öffentlich bekannt, dass sie die aktuelle Situation nur einige Monate aushalten können, ehe es in einer Insolvenz enden wird. Wie ist der aktuelle Stand bei Allied-Racing? Machst du dir auch Sorgen um die Zukunft des Teams?
Na ja schwierige Frage. Wir sind auf mehrere Säulen gestützt – auf der Website sieht man die Säulen. Vier Stück sind das:
- Kfz Werkstatt
- Performance Center
- Motorsport
- Academy
Ich habe von Anfang an der Firmengründung exakt die ersten drei Säulen als Basis definiert und auch so aufgebaut, damit im Fall der Fälle eben wir nicht Pleite gehen. Die Idee dahinter ist, dass die Säule a und b – Kfz Werkstatt/Performance Center die Fixkosten des Motorsports tragen, wenn eben kein Motorsport ist. Und bisher ging das Konzept auf – die Werkstatt ist voll, das Performance-Center auch. Daher erwischt es uns nicht so stark wie andere Teams. Sorgen machen um Allied-Racing in der Zukunft müssen wir uns nicht.
In Hockenheim habt ihr bereits an einem Trackday teilgenommen – werdet ihr weitere bestreiten? Und wie wichtig sind diese derzeit für das Team?
Klar machen wir weiterhin Trackdays, aber nicht zum Spaß, sondern zur intensiven Vorbereitung. Der neue Pirelli-Reifen, sowie die Fahrer, machen diese Trackdays notwendig – viele waren noch nie in Oschersleben oder auf dem Sachsenring. Sturm/Fetzer/Buus – unsere Jugend – ist das erste Jahr im GT-Sport, d.h. für die sind alle Strecken Neuland. Finanziell gehören die Trackdays zu den Fahrerverträgen, so dass wir jetzt dann – wenn endlich die Kalender fixiert sind – auch mal die Verträge verrechnen können. Ohne fixierte Kalender keine Gelder aus den Fahrer- und Sponsorenverträgen.
Im vergangenen Jahr hast du gemeint, dass sich das Team einen 911 GT3 R anschaffen wird und wenn ihr euch mit dem Fahrzeug vertraut gemacht habt, peilt ihr ein Programm im ADAC GT Masters an – wie ist dazu der Stand der Dinge? Steht dieser Plan noch?
911 GT3 R steht weiterhin fest auf dem Plan – dahin werden wir uns entwickeln, aber wir wollen/müssen die volle Palette bedienen
- GT4
- Cup
- GT3 R
Ziel ist es von mir, dass wir das Ausbildungspaket der Jugend voll anbieten können – Kartumsteiger auf GT4 ein/zwei Jahre, dann in den Cup, dann in den R. Hier wird uns Corona tangieren, so dass wir dem Ausbau auf GT3 R ein /zwei Jahre länger Zeit geben müssen, aber wenn das der einzige Corona-Treffer ist, dann haben wir alles richtig gemacht finde ich…
Es soll ein neuer Teammanager zum Team hinzustoßen, der dich entlasten soll. Wie schwer fiel dir die Doppelbelastung bislang?
Der neue Teammanager ist schon da. Die Teammanager-Rolle bei uns ist wohl ein wenig anders wie bei anderen Teams. Gerade die Off-Track-Arbeit ist aufwendig. Dazu haben wir nun das Glück, dass unserer neuer Teammanager auch noch die Marketing-Rolle aufnimmt und endlich für mehr CI-Auftritt sorgt. Das ganze „Außenrum“ nimmt mehr Standard-Formen an.
Dadurch habe ich echt mehr Zeit, mich auf das fachliche zu konzentrieren – Fahrzeugumbaukonzepte in der Performance, Fahrer im Motorsport, Strategische Ausrichtungen der Firma, Weiterentwicklung Standort mit Wertschöpfungsfläche, Ausbau Infrastruktur Transport, Personalentwicklung, etc… Diese Themen brauchen mich derart zeitintensiv, dass ich froh bin wenn unser neuer Teammanager weiterhin so eine gute Arbeit macht, wie bis jetzt.
Wichtig an der Stelle ist aber auch, der neue Chef-Ingenieur – der ebenfalls viel Arbeit von mir abnimmt, Sonst würde das alles gar nicht gehen…
An dieser Stelle mir wichtig: der Dank an die ganze Mannschaft – egal ob Angestellter, Freelancer oder Minijobber: durch die harte Coronazeit hindurch haben alle weiterhin Vollgas gegeben und keiner hat sich hängen lassen. Nun darf man nur nicht vergessen, dass man weiterhin in der Corona-Zeit ist. Das Schlimmste wäre, wenn es nochmal zu einem totalen Lockdown kommt…
Wer weitere Informationen zu Allied-Racing erhalten möchte, dem empfehlen wir einen Blick auf die Webseite des Teams.
Alle Artikel zu den Themen: 24h Nürburgring, 24h Series, ADAC GT4 Germany, Allied-Racing, DTM Trophy, GT4 European Series, Jan Kasperlik, VLN