Fabian Plentz ist Teamchef vom ADAC GT Masters-Meisterteam Rutronik Racing. Im Gespräch mit GT-Place wirft er nochmal einen Blick zurück auf die Meistersaison und schaut vorraus auf das Rennjahr 2020. Plentz spricht zudem über das geplante Programm mit den beiden neu erworbenen Porsche 911 GT3 R. Schlussendlich verrät er, warum er nicht vollkommen glücklich mit der Entscheidung des GTC Race ist, ins Rahmenprogramm der DTM zu wechseln und in welcher Rennserie es eventuell eine Programmerweiterung von Rutronik Racing geben wird.

Kelvin van der Linde und Patric Niederhauser wurden in der Debütsaison von Rutronik Racing Meister im ADAC GT Masters und Carrie Schreiner und Dennis Marschall fahren regelmäßig in die Punkte, einmal aufs Podest und Dennis konnte in den letzten Rennen im Qualifying eine Erfolgsserie starten. Wenn dir das jemand vor dem Saisonauftakt gesagt hätte, wie hättest du reagiert? Und wann hast du realisiert, dass ihr tatsächlich Meister werden könnt?

HCB-Rutronik Racing ADAC GT Masters Sachsenring
Foto: Gruppe C Photography

Diese Frage habe ich bereits mehrfach beantworten müssen. Ganz ehrlich, einen Titel zu holen im Einstiegsjahr kann man nicht planen und war mit Sicherheit auch nicht die Erwartungshaltung. Unsere Grundeinstellung im Team ist aber nicht einfach nur dabei zu sein, sondern wir wollen in allem was wir machen auch maximal erfolgreich sein. Um am Ende die gesamte Meisterschaft für sich zu entscheiden, bedarf es natürlich auch das nötige Glück auf seiner Seite. Auf der anderen Seite, und da spreche ich für mein gesamtes Team, muss man auch den Einsatz sehen. Wir waren oftmals die letzten in der Box und haben grundsätzlich in allem was wir gemacht haben nichts dem Zufall überlassen. Hier passt der Spruch „harte Arbeit zahlt sich aus“ besser denn je. Ich habe im Team die ganze Saison über den Fokus von Rennen zu Rennen gelegt. Wir haben erst nach dem Nürburgring wirklich ernsthaft an den Titel geglaubt. Zuvor ging einfach auch alles sehr schnell und es war manchmal auch nicht ganz einfach das zu begreifen, was da gerade passiert.

Gibt es rückblickend etwas, welches ihr in der ADAC GT Masters-Debütsaison hättet bessermachen können?

Einer meiner Leitsprüche ist „wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein“. Egal wie gut und erfolgreich man ist, es gibt ständig Dinge, die man verbessern kann. Diese Einstellung wollen wir bspw. auch unseren Fahrern immer vermitteln. Bloß nicht abheben, wenn man mal ganz oben steht. Der Blick ist immer nach vorne gerichtet und wir arbeiten hart an unserem Erfolg, alle gemeinsam als Team. Mir hat einer der Fahrer im Laufe der Saison gesagt, dass er es bemerkenswert findet, dass wir auch nach einem Wochenende mit Rennsiegen und starken Quali´s am Sonntag noch ein Debrief mit Fahrern und Ingenieuren machen, bevor wir abreisen. Nur so können wir die gemachten Fehler analysieren und bestenfalls abstellen. Und ja, auch bei uns sind in der Saison 2019 einige Dinge nicht richtig gelaufen.

Für die Saison 2020 habt ihr die vier Piloten für das ADAC GT Masters-Programm behalten können. Wie wichtig ist diese Konstanz für das Team?

Ich bin extrem dankbar, dass alle unsere Piloten sich dazu entschieden haben, den Weg weiter mit uns zu gehen. Das ist vor allem auch ein riesen Kompliment an die gesamte Mannschaft, denn man bleibt ja nicht, wenn es einem nicht gefällt. Gerade auch über unsere Startnummer 8 bin ich sehr stolz. Dennis hat einen super Job gemacht in 2019 als Coach, Mentor und Teamkollege von Carrie. Für beide war es nicht immer einfach und sie haben nicht aufgegeben und wurden am Ende mit dem ersten gemeinsamen Podium belohnt. Großen Respekt habe ich dabei auch vor Dennis, denn man muss erstmal einen Spitzenfahrer wie ihn finden, der sich dieser Herausforderung stellt.
Alle vier Fahrer kommen sehr gut miteinander aus und unterstützen sich wo es geht.

Hier und hier mehr zu den Fahrerbesetzungen von Rutronik Racing in der Saison 2020 im ADAC GT Masters.

Eines eurer Erfolgsgeheimnisse scheint das gute teaminterne Klima zu sein – was ist euer Erfolgsgeheimnis dafür?

Carrie Schreiner/Dennis Marschall HCB-Rutronik Racing Audi R8 LMS ADAC GT Masters
Foto: Gruppe C Photography

Im ersten Schritt respektieren wir uns im Team alle gegenseitig. Das ist zunächst mal die wichtigste Zutat. Wir aus der Teamleitung haben dazu noch einiges pro aktiv unternommen, die Arbeit untereinander und somit die gesamte Stimmung weiter zu steigern. Meine Philosophie ist es, dass ein gutes und faires Miteinander auch zu einer erhöhten Leistungsbereitschaft im Team führt. Man steht füreinander ein. Auch die Fahrer haben ihren Anteil dazu beigetragen und sich bspw. nach einer erfolgten Nachtschicht persönlich bei der Technikabteilung bedankt. Hier sind es oftmals kleinere Zutaten, die am Ende eine positive Wirkung erzielen. Wenn die Mannschaft gerne zusammenarbeitet und sich quasi freut gemeinsam an die Rennstrecke zu fahren, dann haben wir alles richtig gemacht. Ich glaube sagen zu können, dass wir diesen Zustand im letzten Jahr erreicht haben.

Der ADAC hat die geplanten Änderungen am Qualifyingformat für die Saison 2020 auf Eis gelegt, was ist deine Meinung dazu?

Ich war von vorne herein kein Freund der Änderung. Ich bin nicht der Meinung, dass eine Aufteilung des Qualifyings das Problem mit ggf. aufkommenden Verkehr lösen wird. Bei falschen Traffic Management kann ich auch mit nur 10 Fahrzeugen in meiner schnellen Runde auf Verkehr stoßen. Wenn man als Begründung nicht die Verkehrssituation sondern die Attraktivität zum Fan sucht, dann wäre meiner Meinung nach ein Super-Pole-Format deutlich besser geeignet. So stelle ich sicher, dass der Fahrer eine freie Runde bekommt und der Fan kann sich auf seinen Favoriten konzentrieren. Ich finde ein solches Format erzeugt viel Spannung beim Zuschauer, vor allem auch beim Fernsehzuschauer. Für die Team stellt sich dadurch natürlich eine Herausforderung ein, denn das Fahrzeug muss auf dieser einen Runde perfekt funktionieren und man hat keine weiteren Anläufe.

Hier mehr zu dem Thema.

Rutronik Racing wird in der Saison 2020 auch zwei Porsche 911 GT3 R einsetzen – kannst du schon mehr zu den Plänen mit den Fahrzeugen sagen?

Die Fahrzeuge sollten beide in der GTC Race an den Start gehen. Darüber hinaus hatten wir ein umfangreiches Testprogramm geplant, welches uns die Möglichkeit schafft, viele Erfahrungswerte mit dem Porsche zu sammeln. Das ist jetzt natürlich aus gegebenem Anlass alles etwas anders gekommen. Aktuell planen wir noch immer, sofern terminlich möglich, Einsätze in der GTC Race. Zudem wird es auch ein Testprogramm geben. Was dann ab 2021 passiert bleibt abzuwarten, hier sind sicherlich auch die gewonnenen Erkenntnisse entscheidungsrelevant.

Rutronik Racing ist seit vielen Jahren stark im GTC Race vertreten, zur Saison 2020 wechselt die Serie ins Rahmenprogramm der DTM – ist das deiner Meinung nach der richtige Schritt?

Dennis Marschall Tommy Tulpe HCB-Rutronik Racing Audi R8 LMS Dunlop60 Hockenheim
Foto: DMV GTC

Ich bin hier ehrlich gesagt nicht der Meinung, dass die GTC Race die Plattform DTM benötigt und das war ich auch bereits vor Corona und dem Audi-Ausstieg. Wir arbeiten bereits seit 2015 erfolgreich mit Ralph Monschauer zusammen und er nimmt uns bei vielen strategischen Entscheidungen mit an Board. Als Ralph mit der Idee DTM auf uns zu kam, waren wir von Anfang an skeptisch. Die Kunden der Serie sollten möglichst viel Fahrzeit mit wenig Reglementierungen bekommen. Bislang konnten die Fahrer bis zur Box vorfahren und die Fahrzeuge waren in den Boxen untergebracht. Nun wird sich da natürlich viel ändern und man muss sich einigen Vorgaben hinsichtlich Parkplatz, Aufbauzeit, Ablauf etc. stellen. Ralph und sein Team haben hier bereits viel erreichen können bei der ITR und hat den Teilnehmern, für die Verhältnisse der DTM, viel Freiraum geschaffen. Dennoch würde ich mir wünschen, dass es eine Serie für die Gentlemen-Fahrer gibt, wo sie weiterhin im Fokus stehen und ihrem Hobby möglichst unkompliziert nachgehen können. Wir wissen aber auch, wie schwierig es ist, eine eigene Serie zu organisieren und am Leben zu halten und sind grundsätzlich dankbar, dass Ralph Monschauer sich dieser Herausforderung stellt und nun bereits in die 5. Saison mit seiner Rennserie geht.

Hier alles zum Wechsel der Meisterschaft ins Programm der DTM.

Wäre ein Nachwuchs- bzw. Kundensportprogramm in der GT4-Klasse eine mögliche Option zur Programmerweiterung von Rutronik Racing? Die ADAC GT4 Germany würde sich dort als Unterstufe des ADAC GT Masters anbieten.

Hier gibt es in der Tat einige Überlegungen. Ich bin persönlich noch immer nicht der größte Fan der GT4, da die Fahrzeugkonzepte für mich zu unterschiedlich sind. Hier muss am Ende dann zu viel über die BoP gesteuert werden, was ständig (und das hat man in der Saison 2019 gesehen) zu Diskussionen führt. Wir spielen hier aktuell mehr mit dem Gedanken uns in Richtung Markenpokal zu orientieren, vielleicht in Richtung Porsche Carrera Cup. Generell wollen wir dem Nachwuchs sehr gerne eine Möglichkeit bieten, sich früher an uns zu binden und gemeinsam mit uns den Weg in den Profi-GT-Sport zu gehen. Wir haben gemeinsam mit Dennis und Carrie schon eine tolle Entwicklung erreicht, die mit Sicherheit als Musterbeispiel dienen kann.

Das Team ist bereits stark in der Simracing-Szene vertreten, welche in der Coronakrise boomt. Rutronik eRacing startet in einigen virtuellen Meisterschaften und ihr organisiert die „Race for Good“-Veranstaltungen. Was macht die Simracing-Szene für das Team so wichtig?

Wir haben vor allem mit unserer eigenen Eventreihe Race for Good eine Plattform geschaffen, auf der wir uns und unsere Partner hochwertig präsentieren können. Im letzten Event konnten wir alleine durch den Live-Stream über 65.000 Zuschauer erreichen. Die redaktionelle Berichterstattung erreichte sogar mehr als 1 Mio. Menschen. Das bringt uns in die Lage auch in einer motorsportfreien Zeit positive Botschaften zu verteilen. Gemeinsam mit Laureus haben wir in den ersten beiden Events über 10.000€ Spenden generiert und somit auch hier etwas Gutes tun können.
Durch unser eRacing Team haben wir darüber hinaus weiter erfolgreiche Nachrichten über die Renngeschehnissen, die wir mit unseren Fans teilen können.

Was denkst du, wird das Simracing auch dem Neustart des reellen Motorsport weiterhin so stark boomen?

Ich bin der Meinung, dass Simracing mit dem Neustart des reellen Motorsports in ein Loch fallen wird. Es ist aktuell ein Überangebot an Simracing vorhanden. Das ging alles so schnell und der Fan wird aktuell etwas überrannt. Wir haben uns bei unserer eigenen Eventreihe Race for Good damals aus genau diesem Grund direkt dazu entschieden, dass wir die Events in ca. vierwöchigem Rhythmus stattfinden lassen werden und nicht jede Woche. Generell denke ich aber, dass der Simracing gestärkt aus dieser Zeit geht und mit Sicherheit ein Teil der aktuellen Aufmerksamkeit bleiben wird. Ich fände es persönlich auch toll, wenn es hin und wieder nochmals ein Event mit den Profis geben wird.

Der Motorsport ist in Deutschland im Wandel, spätestens nach dem Ausstieg von Audi aus der DTM sehen viele die Zukunft der Serie in Gefahr. Wie siehst du die Entwicklung des Motorsports in Deutschland in den kommenden Jahren vorher?

Es ist lustig, dass jetzt alle vom Wandel sprechen. Der Wandel ist doch schon lange im Gange und das sind nun lediglich die Auswirkungen. Für mich ist der Untergang der DTM keine Überraschung. Die Plattform war für Rahmenserien schon lange nicht mehr interessant und als Privatteam ist die DTM auch seit mehreren Jahren tabu. Ich habe mich schon länger gefragt, wann wohl der Zeitpunkt kommen wird, an dem die DTM so nicht weiter machen kann. Ich habe mich am vergangen Samstag mit Manuel Reuter im Rahmen unserer Sendung „Quarantäne Masters“ über genau diese Entwicklung unterhalten. Was hat die DTM in letzten Jahren für den Fan getan? Wenn man sich die aktuelle Situation anschaut, machen wir als Privatteam mit Sim Racing-Events, Social Media-Videos und sogar einer Talkshow mehr als so manch ein Großer. Und das ist es, was für mich in den letzten Jahren kaputt gegangen ist. Wir brauchen auf der einen Seite Fahrer, die sich durch ihren Charakter genauso wie durch Erfolge den Fans präsentieren. Darüber hinaus sollten sich aber auch die Teams näher zu den Fans zeigen. Wir versuchen dies, nach unseren Möglichkeiten, wo wir können. Am Ende trägt der Fan den Sport und somit auch jeden einzelnen, der in dem jeweiligen Sport als Protagonist tätig ist. Diese Einstellung muss wieder bei allen zurückkommen und vor allem müssen nicht immer alle versuchen, die Welt neu zu erfinden. Manchmal ist doch etwas dran am Spruch „never change a running system“.

Wie siehst du die Entwicklung von Rutronik Racing in den kommenden Jahren vorraus? Gibt es Rennen und Rennserien, an denen du unbedingt noch teilnehmen möchtest?

Das ist aus aktueller Sicht alles nicht zu beantworten. Wir haben natürlich viele Träume und Ziele aber jetzt müssen wir alle gemeinsam erstmal die aktuelle Phase überstehen und dann uns neu sortieren. Das gilt nicht nur für uns als Team sondern eben auch für den Sport allgemein.

Wer weitere Informationen zu Rutronik Racing erhalten möchte, dem empfehlen wir einen Blick auf die Facebookseite des Teams, sowie auf die Webseite.

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