Stéphane Ratel im Interview mit unseren Freunden von Doublestintmedia – Ratel spricht unter anderem über seinen größten Beiträge im Motorsport und den ausgelösten Boom durch Valentino Rossi.

Beim 24 h Rennen von Spa standen 70 Autos am Start. Wie ich fand, eine sehr gute Startaufstellung. Tolle Autos, gute Fahrerpaarungen, großartiger Sport, das hat Spaß gemacht. Im Sprint Cup haben Sie 42 Autos und hier am Nürburgring sogar 54. Wenn ich an Interviews zurückdenke, dir wir in 2013 und 2014 geführt haben, dann sprachen wir damals auch über Teilnehmerzahlen und was Ihre Pläne und Hoffnungen diesbezüglich wären und was überhaupt dauerhaft möglich sein könnte. Zehn Jahre später sieht es diesbezüglich sehr sehr gut aus. Insgesamt gesehen, müssten Sie ein sehr glücklicher Mensch sein.

Es ist ein Rekordjahr für uns, ganz klar. Niemals zuvor hatten wir so viele Fahrzeuge rund um den Globus am Start. Wir haben die volle Kapazität in vielen Serien. 55 Autos hier in der Endurance für die ganze Saison, 70 in Spa. Wir haben sogar ein wenig „überbucht“. Wir möchten keine Warteliste. Aus Erfahrung wissen wir aber, wenn man große Starterfelder akzeptiert, dass am Ende doch ein oder zwei Autos es letztlich nicht an den Start schaffen. Also haben wir die Meldungen von 72 Autos akzeptiert und am Ende hatten wir 70 am Start. 55 in der Endurance, 42 im Sprint, 50 in der GT4, 62 in Spa in der GT4. 40 Autos in Asien – volle Kapazität. 36 mit 18 GT3 und 18 GT4 in England. Wir haben noch etwas mehr Platz in Amerika in der Fanatec GT World Challenge America und in Australien, die sich gerade entwickelt. Aber ansonsten sind wir überall voll. Und GT2, unser neues Projekt, benötigt noch ein wenig mehr Zeit, um zu wachsen. Aber der Erfolg des GT Sports rund um den Globus ist phänomenal. Es ist ein wenig beängstigend, weil viel mehr geht nicht. In vielen Meisterschaften kannst Du Dich nur verschlechtern, wenn du noch mehr nimmst. Ich hoffe, wir können das aktuelle Maximum halten, oder wir werden schlechter werden. Diese Saison war ein fantastischer Erfolg und wir hoffen, dass es so bleibt.

Ich denke, das ist die Zukunft des Motorsports, wo Fans so viel wie möglich integriert sind. Im Gegensatz zur DTM, die immer für sich reklamierte, Fan-nah zu sein [„Laut. nah. dran.“], es in Wirklichkeit aber nie war.

Eines unserer größten Erfolgserlebnisse hier ist die Präsenz von Valentino Rossi in den letzten beiden Jahren. Aber Deutschland ist das falsche Beispiel, weil der Platzhirsch hier ist die DTM. Und jetzt, wo die DTM die gleichen Fahrzeuge wie wir am Start hat, ist es natürlich schwer. Aber wenn wir uns im Rest Europas umsehen, hatten wir überall mehr Zuschauer. Ich glaube, dafür gibt es drei Gründe.
Zuallererst: Der Name ist besser. Wir haben seit 1994 die gleiche Serie, aber wir haben den Namen sehr oft geändert. BPR Endurance Series, FIA-GT Championship, Blancpain GT Series und jetzt Fanatec GT World Challenge. Aber GT World Challenge ist ein guter Markenname. Er ist einfacher zu vermarkten, als es bei Blancpain war.

Der zweite Grund ist, dass Sim Racing uns geholfen hat. Es führte uns näher an mehr und jüngere Zuschauer heran. Und auch in dieser Hinsicht ist die Verbindung mit Fanatec sehr gut.
Das Wichtigste natürlich war, dass Valentino Rossi an der Meisterschaft teilnimmt. Nicht nur das, er hat sogar in Misano ein Rennen gewonnen und in Brands Hatch ein Podium errungen. Das verschafft der Meisterschaft Ansehen und hilft den Leuten an der Strecke. Also, alles wächst weiter, wächst in jeder Beziehung. Ich habe mich 30 Jahre lang um das Starterfeld gekümmert, denn das erste das Du brauchst, ist ein Starterfeld und jetzt, wo wir ein volles Starterfeld haben, können wir unsere Anstrengungen auf die Promotion richten. Für die kommende Saison konzentrieren wir unseren Hauptfokus auf die Promotion insbesondere der 100. Auflage der CrowdStrike 24 Stunden von Spa. Wir hoffen, dass wir etwas besonderes tun können. Wir könnten mehr Zuschauer in Spa haben, obwohl es bereits ein großes Event ist. Aber es sind trotzdem viel weniger Zuschauer, als beim 24 Stunden Rennen am Nürburgring. Das wird aber nicht zu erreichen sein, weil das Problem in Spa ist Camping. Es ist einfach keine Rennstrecke, wie Le Mans oder der Nürburgring, mit riesigen Camping Kapazitäten.
Spa ist viel begrenzter. 24 Stunden Rennen profitieren erheblich von großen Camping Kapazitäten und die haben wir in Spa nun mal nicht. Aber wir werden versuchen, besser zu werden.

Ein weiterer Punkt, den ich noch gerne ansprechen möchte. Ich finde es sehr gut, dass beispielsweise bei den 24 Stunden von Spa, nur eine Kategorie – nur GT3 Autos – antritt. Hier am Nürburgring ist es meiner Meinung nach immer äußerst haarig, wenn ein Dacia Logan gegen einen Full speed fahrenden GT3 antritt. Ich denke, das ist extrem gefährlich.

Natürlich sind wir sehr stolz darauf, dass wir das einzige Rennen ausschließlich für GT3-Fahrzeuge, mit 70 Autos der letzten Generation sowie hochkarätigen Teams, haben. Das ist der Grund, warum Spa heute, mit 70 Autos in einer einzigen Klasse, so einzigartig ist. Die 24 Stunden Nürburgring waren immer ein Wettbewerb mit vielen unterschiedlichen Klassen. Es ist Teil der Geschichte und irgendwie funktioniert das so. Und man darf natürlich auch nicht vergessen, dass der Nürburgring aufgrund seiner Länge, viel größere Starterfelder zulässt. Es wäre schade für die Zuschauer. Nur 70 Autos auf der Strecke, sähe ein wenig leer aus. Der Ring ist dreimal so lang wie Spa, um also mit Spa zu konkurrieren, würde es 210 Autos benötigen. Und 210 GT3 in einem Rennen ist unmöglich zu realisieren.

Wir haben bereits 2013 darüber gesprochen, warum Sie das 1000 km Rennen (in Bezug auf die damalige Blancpain GT Serie) statt auf der Grand Prix Strecke nicht auf der Nordschleife ausgetragen haben. Sie sagten damals, dass die Teams die regelmäßig an der (damals) VLN teilnähmen, dann einen zu großen Vorteil hätten.

Es ist ein sehr spezieller Kurs. IGTC ist ein Herstellerwettbewerb zwischen verschiedenen Teams.  Sie würden sich spezieller Teams bedienen, wie das Team, das dieses Jahr mit Ferrari gewonnen hat. Es sind spezielle Nürburgring Nordschleife Teams. Jeder Hersteller kann ein spezialisiertes Team einsetzen, um am Nürburgring zu starten.

Wenn es eine Teammeisterschaft wäre, würde ein französisches Team, ein britisches Team, auf dieser Strecke keine Chance haben.

Dieses Jahr gibt es in der Fanatec GT Challenge 5 verschiedene Klassen, anstelle der bisherigen 3. Glauben Sie nicht, dass dies für den Gelegenheits-Fan ein wenig unübersichtlich ist?

Ich weiß, aber irgendwie sorgt das am Ende des Tages für große Starterfelder. Jeder ist zufrieden und wir haben keine „micro-grids“. Alle haben eine ansehnliche Größe, ich glaube die kleinste Kategorie hat 7 Fahrzeuge dieses Wochenende, so dass wir die Klassensieger bedenkenlos auf dem Podium ehren können.

Als Fahrer bist Du ständig im Kampf, egal in welcher Klasse Du startest. Und unsere Klassen funktionieren sehr gut, die Fahrereinstufung. Ich sage immer wieder, mein größter Beitrag im Motorsport war nicht GT Racing, sondern es war die Balance of Performance und die Fahrereinstufung.

Die beiden Dinge, die ich im Motorsport eingeführt habe und die sich durchgesetzt haben. Als ich die Balance of Performance vorstellte, hätte ich nicht geglaubt, dass 20 Jahre später die Top-Kategorie in Le Mans eine BoP verwenden würde. Die Menschen haben mich ausgelacht und das gleiche ist mit der Fahrereinstufung passiert. Sie sagten, „Was soll das mit den Kreditkartenfarben?“ und nun hat sich das System über den Globus ausgebreitet.

Als das ADAC GT Masters Ihre BoP einführte, wurden die Rennen spannender. Es gab 29 Autos innerhalb nur einer Sekunde im Qualifying.

Das GT Masters war wirklich sehr gut für die BoP. Jetzt ist es eine noch größere Herausforderung, weil wir noch mehr unter Druck stehen, aber ich glaube Claude macht einen fantastischen Job. Wir müssen dem System vertrauen.

Thema Nachhaltigkeit: Sie haben bekanntgegeben, dass Sie nächstes Jahr einen neuen Kraftstoff verwenden wollen, der zu 100 % erneuerbar ist.

Korrekt, 100 % Bio.

Vor zwei oder drei Jahren hatten wir 50 % erneuerbaren Treibstoff im ADAC GT Masters.

Das genau ist der Grund, warum ich sage, entweder man macht etwas gar nicht oder man macht es richtig. In diesem Fall können wir uns beim ACO bedanken, der uns den Weg aufgezeigt hat.

E-Racing?

Wir können es nicht ignorieren. Es ist eine Lebensrealität und wir müssen nach vorne in die Zukunft schauen. Wir werden natürlich mit der jetzigen Art von Rennen weitermachen. Wir sind die Marktführer im GT Sport, aber wir können nicht einfach die Elektrifizierung in den zukünftigen GTs ignorieren.  In 10 Jahren werden die meisten GT elektrisch fahren.

Das komplette Interview könnt ihr hier auf deutsch und englisch lesen.

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