Die Teams und die Fahrer-AG der Interessengemeinschaft Langstreckenrennen Nürburgring sind sich einig: Ein generelles Verbot von Reifenheizdecken beim 24-Stunden-Rennen oder bei Läufen zur Langstreckenmeisterschaft (NLS) auf dem Traditionskurs lehnen sie aus Sicherheitsgründen strikt ab. Damit sendet die ILN bereits zu einem frühen Zeitpunkt ein klares Signal zu einer Diskussion, die derzeit im Hintergrund geführt wird. Als Argument für eine entsprechende Änderung des sportlichen Reglements verweisen die Befürworter auf Umwelt- und Kostenaspekte. Aus Sicht der ILN ist dies nicht stichhaltig und wiegt in keinem Fall die Risiken auf, die daraus für die Aktiven auf der Strecke entstehen.
„Wir müssen ganz klar erkennen: Wenn es um die Sicherheit geht, können wir keine Abstriche machen oder schlechte Kompromisse akzeptieren. Dies ist auch den Besonderheiten der Nürburgring-Nordschleife geschuldet, für die andere Gesetze gelten als für topfebene Grand-Prix-Kurse“, betont ILN-Vorsitzender Martin Rosorius. „Der Stromverbrauch, der durch die Heizdecken anfällt, kann zum Beispiel durch regenerative Energiegewinnung egalisiert werden – entsprechende Flächen rund um den Nürburgring gibt es hierzu genügend. Und was die Kostenersparnis angeht: Jene Teams mit Rennfahrzeugen, für die Reifenheizdecken notwendig sind, engagieren sich auch in anderen Serien und besitzen die entsprechenden Vorrichtungen ohnehin. Zugleich ist bereits ein einziger schwerer Unfall mit einem GT3- oder GT4 wegen kalter Reifen so teuer, dass jeder Einspareffekt sich zeitgleich in Luft auflöst. Die ILN ist stets an vorderster Front dabei, wenn es darum geht, den Aufwand und die finanzielle Belastung für die Teilnehmer in der NLS und am 24-Stunden-Rennen zu senken. Die Sicherheit aller Beteiligten darf hierdurch allerdings nicht in Frage gestellt werden.“
Problematisch wird der Verzicht auf vorgeheizte Pneus vor allem im Hinblick auf den Reifenfülldruck, der in direkter Relation zur Reifentemperatur steht: Er fällt in kaltem Zustand deutlich niedriger aus als bei Reifen, die ihr optimales Temperaturfenster erreicht haben. Kalte Reifen besitzen daher einen zu geringem Luftdruck und entwickeln hierdurch eine geringere Tragkraft. Dies kann in Streckenabschnitten mit starker Kompression wie zum Beispiel Fuchsröhre, Ex-Mühle oder Karussel dazu führen, dass die Reifenflanke zwischen Felge und Fahrbahn gequetscht wird und strukturelle Schäden davonträgt. Versagt der Pneu dann unter starker Belastung wie etwa in einer Hochgeschwindigkeitspassage den Dienst und platzt schlagartig, sind ein folgenschwerer Unfall oder zumindest starke Beschädigungen des Fahrzeugs quasi vorprogrammiert.
Wird der Fülldruck der Reifen bereits im kalten Zustand auf Warmtemperatur eingestellt, verringert sich die Aufstandsfläche der Pneus. Hierdurch nehmen die Hafteigenschaften des Pneus ab – was ebenfalls gefährlich wäre – und der Reifenverschleiß deutlich zu. Dies würde das Argument des Umweltschutzes und der Ressourcen-Schonung klar konterkarieren.
Hinzu kommt: Kalte Rennreifen bieten zum Teil dramatisch weniger Grip und führen zu einem heiklen Fahrverhalten. Dies stellt selbst Rennprofis vor schwierige Aufgaben. Amateurfahrer, die in der Nürburgring Langstreckenserie und auch beim 24-Stunden-Rennen einen großen Teil des Teilnehmerfelds stellen, sind unter diesen Bedingungen schnell überfordert. Speziell bei kühlen Asphalttemperaturen bekommen sie den Reifen unter Umständen gar nicht auf Temperatur. Auch hier wären schwere und kostspielige Unfälle praktisch unvermeidbar.
„Wir müssen das Thema differenziert für die einzelnen Klassen betrachten. In den großen SP-Kategorien ist das Vorheizen der Rennreifen zwingend notwendig. In anderen Klassen können wir sicherlich darüber diskutieren und gegebenenfalls auch darauf verzichten“, präzisiert Rosorius. „Die ILN steht immer bereit, sinnvolle Ideen zur Kostenreduzierung und zur Schonung der Umwelt aufzugreifen und zu unterstützen. Ich denke da zum Beispiel an die Regelung, die zukünftig die Zahl der Rennreifen bei einer NLS-Veranstaltung und auch dem 24-Stunden-Rennen limitiert. Die Anregung hierzu kam von der ILN. Auch hier spielt das Thema Sicherheit natürlich eine ganz entscheidende Rolle – darum war es so wichtig, den Entscheidungs- und Umsetzungsprozess unter Einbeziehung der Reifenhersteller, Fahrzeughersteller, Veranstalter, dem DMSB und den Teams durchzuführen.“
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