T3 Motorsport-Teamchef Jens Feucht im Interview. Feucht spricht über die 2021er Saison im ADAC GT Masters und der DTM, gibt einen Ausblick auf die Saison 2022 in Europa und Amerika und spricht auch über die vieldiskutierten Punkte Rennleiter und Performanceboxenstopp in der DTM. Zudem verrät er, dass Langstreckenrennen in Spa und auf der Nürburgring-Nordschleife zukünftig für das Team wichtig werden und das sie dort auch 2022 wohl zu sehen sein werden.
Im Saisonverlauf des ADAC GT Masters 2021 habt ihr euch im Saisonverlauf immer weiter gesteigert, was war dort euer Erfolgstrick? Und welche Rolle haben Werksfahrer Marco Mapelli sowie Luca Ghiotto dabei gespielt, die bei den letzten drei Saisonveranstaltungen mit Maximilian Paul an den Start gegangen sind?
Wir hatten keinen Erfolgstrick für die Verbesserungen im Saisonverlauf. Die Steigerungen resultieren aus unermüdlicher und konsequenter Arbeit unseres Leadingenieurs Tom Schuster unseres technischen Leiters Tobias Paul. Wir verstehen den Lamborghini immer besser und können daher Schrittweise immer tiefer in die kleinen Details gehen und machen große Fortschritte in den Bereichen Simulation, Aerodynamik und Fahrwerk. Durch die unermüdliche Mitarbeit von unserem Fahrer Maximilian Paul können wir zielgerichtet die erzielten Entwicklungsschritte auch erfolgreich auf der Rennstrecke umsetzen. Max hat fahrerisch erkennbare Fortschritte gemacht, die vor allem dem geschuldet sind, dass er sich weniger um das Coaching seiner Co-Piloten kümmern muss, was bis zum Ausstieg von Hugo Sasse sein umfangreichstes Aufgabengebiet war, sondern sich intensiver mit seiner eigenen Entwicklung auseinandersetzen kann. Alleine das Rennwochenende am Sachsenring mit Marco Mapelli hat ihm gereicht um das Verständnis für zwei, drei Kleinigkeiten zu bekommen, die er sofort für sich und seine fahrerischen Qualitäten nutzen konnte.
Wie zufrieden bist du mit der ADAC GT Masters-Saison generell?
Bis zum Sachsenring war ich sehr unzufrieden mit der Saison 2021. Allerdings hat meine persönliche Unzufriedenheit nichts mit dem Team zu tun. Der unplanmäßige Ausstieg von Hugo Sasse hat für viel Unruhe im Team gesorgt. Hinzu kommen drei Unfälle, die uns in den Rennen ergebnislos nach hinten geworfen haben. Dadurch sind uns wertvolle Punkte, aber auch Daten verloren gegangen, die man während einer laufenden Saison kaum aufholen kann.
Zudem war T3 Motorsport auch in der DTM an den Start gegangen, was erst kurz vor dem Saisonstart offiziell wurde. Wie sehr wurde das Programm „mit der heißen Nadel“ gestrickt, bevor die Saison Mitte Juni losging?
Die Nadel war nicht heiß, sie hat geglüht. Allerdings nur bis zum ersten Rennen, bis wir alles auf einem sicheren Fundament stehen hatten. Es hat natürlich viel Zeit in der Vorbereitung gefehlt, wobei wir ab Rennen eins ein, für unsere Verhältnisse, konkurrenzfähiges Paket auf die Beine gestellt hatten. Wir haben uns von Anfang an gut eingefunden und mit unseren beiden Rookies, meines Erachtens nach, mehr als nur gut geschlagen.
Gerade Esteban Muth sorgte in der DTM als „The Overtaker“ für viel Furore und konnte besonders in Zolder die Fans begeistern. Hast du mit diesen Leistungen gerechnet?
Tatsächlich habe ich das. Zumindest was die Gesamtwertung betrifft ist er dort angekommen, wo ungefähr meine Einschätzung lag. Allerdings habe ich ehrlicherweise niemals damit gerechnet, wie er in jeder Konsequenz seine Möglichkeiten bei Überholmanövern genutzt hat. Er hat ja sogar nicht vorhandenen Lücken gefunden und für sich genutzt, wie wir es in Zolder sehen konnten.
Zudem ging Esmee Hawkey für T3 Motorsport an den Start, die im Jahr zuvor die Pro-Am-Klasse im britischen Carrera Cup für sich entscheiden konnte. Vor dem Saisonstart kannten nur Insider Hawkey, wie seid ihr auf sie gestoßen und wie zufrieden bist du mit ihrer Saison?
Tatsächlich war es auch ein Insidertipp aus dem Motorsportnetzwerk, der uns die Wege zum Management von Esmee ebnete. Ich war sehr zufrieden mit Ihrer Saison. Sie hat von Anfang an gezeigt, dass Sie großes Potenzial hat und sich von Rennen zu Rennen gesteigert. Esmee ist ein Rohdiamant, die alle Kraft in ihre Entwicklung steckt. Das hat Sie mit dem Meistertitel im Porsche Carrera Cup unterstrichen. Wenn man in so einer Serie Meister/in wird, dann bist du schon ein Topfahrer.
In Assen ging Werksfahrer Mirko Bortolotti als Gaststarter für das Team an den Start und konnte dabei einen Podestplatz einfahren – wie wichtig war dieses Ergebnis für das Team?
Für die Wertung in der DTM war es nicht relevant, da Gaststarter nicht in Wertung teilnehmen. Für das Team war es grandios und äußerst wichtig. Zum einen war es für jeden einzelnen die Belohnung für die unermüdlich harte Arbeit und zum anderen war es wichtig zu beweisen, dass wir als T3 in der Lage sind, ein Auto in der höchsten Tourenwagenkategorie siegfähig vorzubereiten – eine Bestätigung dafür, dass wir in Rennserien wie die DTM und das ADAC GT Masters hingehören.
Im Saisonverlauf der DTM gab es viele wilde Diskussionen über die Boxenstopps. Du hattest dich im Saisonverlauf in einer Mitteilung klar hinter dein Team gestellt, welches von außen viel Kritik über angeblich zu langsame Reifenwechsel bekam. Erwartest du zu dem Thema für die Saison 2022 eine Regelanpassung, wenn ja welche und wie siehst du das Thema „Performanceboxenstopps“ generell?
Das Thema „Performanceboxenstopps“ finde ich absolut wichtig – aber nur wenn alle die gleichen Voraussetzungen dafür haben! Motorsport ist Teamsport. Von daher finde ich es unabdingbar, dass die Boxencrew Teil des Erfolges und Teil der Strategie ist. Allerdings sollten dann auch alle die gleichen Mittel und Voraussetzungen dafür haben. Ich weiß, dass die ITR an dem Thema arbeitet, habe aber keine Informationen darüber, wie die Boxenstopps zukünftig umgesetzt werden sollen.
Auch über die Rennleitung gab es 2021 einige Diskussionen. Scott Elkins wird zur kommenden Saison neuer Rennleiter, was erwartest du von ihm?
Das ist ein schwieriges Thema. Ein Rennleiter muss, ebenso wie ein Schiedsrichter, oft in Bruchteilen von Sekunden Entscheidungen treffen. Manchmal führt das zu Fehlentscheidungen, weshalb man beispielsweise beim Fußball die Videoanalyse eingeführt hat. Diese Möglichkeiten hat auch ein Rennleiter, die er für alle Teilnehmer gleich nutzen muss. Gefühlsentscheidungen haben im Profisport nichts verloren. Die Teams brauchen klare Strukturen und Regelwerke, damit sie auf der Strecke dementsprechend mit Rennsituationen umgehen können. Das hat leider in einzelnen Fällen gefehlt. Mehr möchte ich auf das Thema im Nachhinein aber nicht eingehen. Ich freue mich auf Scott Elkins und seine Expertise, die er über viele Jahre sammeln konnte und in die Serie einbringt.
Für 2022 erhält T3 Motorsport keine Werksunterstützung von Lamborghini in der DTM. Wie sehr tat euch diese Entscheidung weh? Hattet ihr danach mit einem Markenwechsel geliebäugelt, oder war euch von Anfang an klar, dass ihr es Lamborghini mit der „Jetzt erst recht“-Mentalität zeigen wollt, dass sich die Marke falsch entschieden hat?
Das war schon fast ein KO-Kriterium aber im Nachhinein auch großer Ansporn, erst recht alles für eine zukünftige DTM-Teilnahme zu tun. Wir haben intensiv über einen Markenwechsel nachgedacht und auch mit mehreren Herstellern gesprochen. Ohne Herstellerunterstützung ist die Teilnahme an der DTM fast unmöglich, außer du hast einen sehr, sehr großzügigen Investor im Hintergrund, den es bei uns leider nicht gibt. Da wir den Lamborghini immer besser verstehen und das Rennen mit Mirko Bortolloti gezeigt hat, dass wir als Team mit dem Lamborghini siegfähig sein können, haben wir uns entschlossen mit Lamborghini weiterzumachen. Wir wollen um Podeste kämpfen und nicht noch eine Saison für die Entwicklung mit einem anderen Hersteller vergeuden. Klares Ziel 2022, sind in allen Serien, an denen wir teilnehmen, um Siege zu fahren und den Markeninternen Wettkampf zu gewinnen.
Auch das ADAC GT Masters steht erneut auf dem Fahrplan von T3 Motorsport. Wie wichtig ist die „Liga der Supersportwagen“, neben der DTM, für das Team?
Mit der ADAC GT Masters begann die Geschichte von T3 Motorsport. Die Serie ist eine der anspruchsvollsten GT3-Serien und heißt nicht umsonst die „Liga der Supersportwagen“. Wir haben in der Vergangenheit gesehen, wie viele Talente den Sprung über das ADAC GT Masters zum Werksfahrer geschafft haben. Ein Zeichen dafür, wie anspruchsvoll die Serie ist und welches Prestige sie hat. Da wir junge auserwählte Talente fördern, entspricht sie unserer Ausrichtung, weshalb die Teilnahme für uns selbstverständlich ist.
Zudem werdet ihr auch in der ADAC GT4 Germany und der DTM Trophy starten – wie wichtig ist das GT4-Programm in beiden Serien für euch?
Sehr wichtig. Einerseits ist es die ideale Serie für die Entwicklung in Richtung GT3-Sport, andererseits sehen wir es als Pflicht, auch die Rahmenserien zu bedienen. Außerdem bringt es auch viele Vorteile und eine „Win-Win Situation“ mit sich. Wenn wir sowieso von Dienstag oder Mittwoch bis Sonntag auf einer Rennstrecke sind, ist es mit wenig Personalaufwand und Logistik möglich, auch GT4-Fahrzeuge einzusetzen. Somit nutzen wir die Ressourcen unseres Teams effizienter, was sich in den Kosten widerspiegelt. Für die Veranstalter ist es einfacher handelbar, weil das Team der Hauptserie die Bedingungen der Serie und der jeweiligen Veranstaltung kennt. Für Personal und Fahrer der GT4 bringt es auch Vorteile, sie bewegen sich im Umfeld Ihres eigenen Ziels, wodurch sie lernen mit den Anforderungen an einen Profi umzugehen und verstehen viele Abläufe besser.
Den Saisonstart wird T3 Motorsport bei den 24h Daytona im Januar absolvieren. Wie speziell ist es für das Team, an einem der wichtigsten und legendärsten 24h-Rennen der Welt an den Start zu gehen?
Es ist nicht selbstverständlich, dass man in so kurzer Zeit so weit kommt und dementsprechend gehen wir mit der Situation um. Wir sind sehr stolz, dass wir es dahin geschafft und auf das Fahrer-LineUp, welches uns ihr Vertrauen entgegengebracht haben. Nach Daytona fehlt nur noch der Nürburgring und Le Mans, dann haben wir alles in unseren Büchern, was man als renommiertes Team gemacht haben sollte. Besonderen Dank richte ich hier an die Familie Southern, unsere Gesellschafter und an unseren Maximilian Paul, der den größten Anteil an der Umsetzung des Projekts hat.
Gibt es eine spezielle Vorbereitung auf das Rennen?
Das Fahrzeug wurde an das Reglement angepasst und umgerüstet auf Telemetrie. Dann so kleine Details wie Trinksystem, Beleuchtung usw. wurden geändert. Ansonsten sind unsere Ingenieure dabei sich mit dem Setup und dem Streckenlayout zu beschäftigen. Die Feinabstimmung wird dann beim Roar Before the Rolex 24 erledigt, wenn wir das Feedback der Fahrer bekommen. Hier wird Franck Perera sicher eine Schlüsselrolle als Daytona-Sieger haben.
Zudem wurde bereits angekündigt, dass ihr auch bei den 12h Sebring im März starten werdet – wird es nach den beiden Rennen weitere Starts in der IMSA-Meisterschaft 2022 geben?
Sebring ist noch nicht 100% bestätigt, aber es sieht ganz gut aus. Für weitere Rennen sind wir offen, wenn dies die Termine aller anderen Serien, an denen wir teilnehmen, ermöglichen. Wir wollen abwarten, wie wir uns beim 24h-Klassiker schlagen und führen dann weitere Gespräche mit möglichen Interessenten.
Zudem errichtet ihr gerade ein eigenes Quartier für T3 Motorsport North America, wie sieht die langfristige Planung in den USA aus?
Langfristig soll die USA fester Bestandteil von T3 werden. Es ist geplant, Schritt für Schritt dort ein bis zwei GT3 und einen GT4 einzusetzen.
Gibt es zudem weitere Zukunftspläne für das Team? Sind auch Starts bei 24h-Rennen in Europa (z.B. in Spa) geplant? Reizt euch auch die Nordschleife mit einem Langstreckenprogramm? Habt ihr Interesse an weiteren Rennserien oder Rennklassen?
Spa steht auf dem Plan für 2022 ganz oben und der Nürburgring spielt in der Zukunft mit Sicherheit auch eine große Rolle. Dieses Jahr wird Max auf jeden Fall seine Nordschleifenpermit machen, weshalb wir sicher dieses Jahr dort auch zu sehen sein werden.
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