PROsport Racing-Teamchef Christoph Esser spricht im Interview über den Ausstieg aus der DTM Trophy, das Programm in den ADAC-Meisterschaften und deutet an, 2022 mit bis zu vier Aston Martin auf der Nürburgring-Nordschleife zu starten!
Wie kam es zur Entscheidung zum Rückzug aus der DTM Trophy? War dies Ihre persönliche Entscheidung, oder wurde diese durch die Fahrer mitentschieden?
Diese Entscheidung wurde einvernehmlich getroffen, also mit den Fahrern und dem Team. Mit Team meine ich tatsächlich das Team und nicht nur mich persönlich. Der Rückzug der Autos in Monza beim ersten Rennen, war einzig und allein meine Entscheidung und ich sehe mich nach der Kritik einiger Außenstehender, nun bestätigt in dieser Entscheidung, denn die Vorgänge am Red Bull Ring waren nur noch die Spitze vom Eisberg. Ich glaube nicht, dass Außenstehende einschätzen können, was es an Anstrengungen bedarf, um mit drei Autos an so einer Meisterschaft teilzunehmen. Nicht nur der finanzielle Aufwand, auch logistisch ist das ein Kraftakt, da nicht nur wir, sondern die meisten der Teams, mehrere Serien fahren müssen, um seriös Wirtschaften zu können.
Das ist aber leider der Orga von Gerhard Berger nicht bewusst, bzw wird ignoriert. Herr Berger sieht in seiner Serie die ultimative Rennserie, die in allen Bereichen die höchsten Standards bietet, das ist ein O-Ton von CEO Benedikt Böhme und so wird man auch behandelt, sehr überheblich, aber leider fehlt es an allen Ecken an der notwendigen Kompetenz. Kritik wird nicht geduldet, bzw es wird sogar mit Hausverbot, bzw Ausschluss aus der Serie gedroht, wenn man sich gegen überzogene Forderungen wehrt.
Hinzu kommen natürlich die willkürlichen BoP-Einstufungen, die in den meisten Fällen nicht nachvollziehbar sind. Das betrifft nicht nur unsere Aston Martin, davon sind bis auf BMW alle Marken betroffen. Es ist doch offensichtlich und leicht anhand der Ergebnisse zu sehen, wie hinter den Kulissen die BoP missbraucht wird, um eine Meisterschaft interessant zu machen. Denke jeder Interessierte hat sich da im Verlauf der Saison ein Bild machen können, wie es in der DTM abläuft, so ist es auch in der Trophy.
Zu guter Letzt haben wir dann noch einen überforderten Rennleiter. Es gibt kein Wochenende ohne Fehlentscheidung, bzw. müssen Entscheidungen immer wieder zurück genommen werden. So auch die Sache mit Mike David Ortmann am Red Bull Ring. Obwohl der Rennleiter seine Fehlentscheidung zurück genommen hat, werden wir ca. 24 Stunden später trotzdem bestraft. Damit war das Fass zum Überlaufen gekommen und die Entscheidung war schnell getroffen. Weder wir als Team oder die Fahrer bereuen diese Entscheidung und würden immer wieder so entscheiden. Nicht wir sind unsportlich, sondern die Leute, die ein solches Desaster zu verantworten haben.
Stattdessen kehren Sie in die ADAC GT4 Germany zurück. Hugo Sasse und Mike David Ortmann teilen sich einen Vantage GT4. Sie haben auch den Einsatz eines zweiten Wagens geplant, stehen für diesen schon Fahrer fest?
Das zweite Auto wird leider erst in Hockenheim zum Einsatz kommen. In der Kürze haben wir kein konkurrenzfähiges Paket schnüren können.
Mit Mike David und Hugo haben wir bereits ein konkurrenzfähiges Team gebildet, die in der Lage sind um Podiumsplätze zu kämpfen.
Ihr Team konnte bereits Erfahrung in der ADAC GT4 Germany sammeln, was zeichnet die Serie, Ihrer Meinung nach, besonders aus?
Die ADAC GT4 Germany ist weiterhin die deutsche GT4-Topserie! Es gibt eine gute Mischung aus Nachwuchsfahrern und schnellen Gentlemanpiloten. Die Aufteilung in die Klassen ist gut, denn so kann jeder Punkte sammeln. Die Organisation des ADAC ist gut und als Team erfährt man hier eine Wertschätzung. Die BoP der Rennserie kommt zudem von der SRO und funktioniert perfekt!
Zudem planen Sie auch ein ADAC GT Masters-Programm für Tim Heinemann und Nicki Thiim – können Sie hier zu schon mehr sagen? Wird der Wagen, wie die GT4-Wagen, bereits auf dem Sachsenring starten?
Derzeit warten wir noch auf eine Zusage von Aston Martin Racing bezüglich Nicki Thiim. Es besteht zudem eine lange Verbindung von mir zu Kurt und Nicki. Ich bin Ende der 80er Jahre erfolgreich mit Kurt für Kissling Motorsport in der VLN und beim 24h-Rennen an den Start gegangen. Zudem hat Nicki 2007 sein erstes VLN-Rennen mit uns bestritten und konnte mit seinem Vater auf Anhieb die Klasse gewinnen! Zudem ist Kurt Thiim Markenbotschafter von PROsport Classic, das wir Anfang des Jahres gegründet haben. Somit liegt es auf der Hand, dass Nicki als Aston Martin-Werksfahrer für uns starten soll.
Tim Heinemann und Nicki Thiim als Fahrer hört sich auch nicht schlecht an. Wir haben Tim Anfang der Saison versprochen, dass wir Ende der Saison etwas mit dem GT3 machen und wir halten uns an unser Versprechen. Auch hier wird der Hockenheimring der erste Einsatz sein.
2019 gingen Sie bereits mit dem Vantage GT3 im ADAC GT Masters an den Start und hatten hierbei mit vielen Problemen zu kämpfen. Haben Sie durch Tests den Wagen mittlerweile besser verstanden?
2019 war mein schwierigstes Jahr in mehr als 40 Jahren Motorsport.
Wir hatten wenig Erfahrung mit dem Auto, welches leider auch nicht konkurrenzfähig war. Die schwierige Ersatzteilsituation hat uns oft vor riesige Probleme gestellt. Daher haben wir uns entschieden, die beiden Autos in 2020 stehen zu lassen und uns zu 100% auf die GT4 zu konzentrieren.
Mit dem Wechsel von Tobias Moers von AMG zu Aston Martin, hat sich sehr viel zum Positiven verändert.
Wir haben nun alle Upgrades für die GT3 und dass das Auto funktioniert, hat man ja am Wochenende gesehen.
In den sozialen Netzwerken gibt es Kommentare wie: „Wird das dann so ein Einsatz wie in der DTM, rein und gleich wieder raus?“ – ärgert Sie persönlich so etwas?
Da ich weder Facebook, Instagram oder ähnliches habe , kann ich mich auch nicht darüber ärgern. Zum Glück leben wir ja in einer freien Gesellschaft und jeder kann seine Meinung sagen und tun und lassen, was er will; aber das Recht habe ich auch. Ich werde jede vernünftige Frage beantworten und stelle mich konstruktiver Kritik, der Rest interessiert mich nicht.
Beim achten Saisonlauf der NLS konnte der Vantage GT3 seinen ersten Sieg in der Rennserie feiern. Ist ein Nordschleifen-Programm mit dem Wagen auch eine Möglichkeit? Sie haben ja immerhin schon Testfahrten mit dem Fahrzeug auf der Nordschleife absolviert.
Es wird im nächsten Jahr ein Nordschleifen-Programm mit Aston Martin GT3 und GT4 geben. Aktuell sehe ich alle vier Autos in der gesamten Saison inklusive 24h-Rennen laufen. Die Fahrer stehen auch schon weitestgehend fest und werden wir noch bis Ende der Saison bekannt geben.
Gibt es, nach dem beendeten DTM Trophy-Engagement, eine weitere Einsatzplanung des Porsche Cayman Pro4, oder stehen die Zeichen hier eher in Richtung Stilllegung?
An dem Auto hänge ich natürlich besonders, da es uns nicht nur die GT4 Europameisterschaft gebracht hat, sondern da wir es ohne Unterstützung in Eigenregie gebaut und auch homologiert haben.
Als Tim Heinemann bei den DTM Testtagen auf dem Lausitzring mit dem Auto die Bestzeit gefahren ist, waren wir total happy und natürlich stolz, dass man mit einem fünf Jahre alten Auto, was weniger als die Hälfte eines modernen GT4-Autos gekostet hat, immer noch auf hohem Niveau mithalten kann. Und für alle Besserwisser aus den sozialen Netzwerken: ja der Wagen hatte eine BoP und mit der BoP sind wir auch in diesem Jahr gefahren.
Leider hat das Auto so seine Eigenheiten und verweigert manchmal seinen Dienst.
Im Moment gibt es keine Pläne für weitere Einsätze.
Können Sie schon einen Blick auf Ihre Saisonplanung 2022 werfen?
Wie zuvor schon angekündigt, werden wir unseren Fokus im nächsten Jahr auf die Nürburgring Langstrecken-Serie legen. Zur Vorbereitung gehen wir mit allen Autos nach Dubai und Abu Dhabi.
Wir werden verstärkt mit unseren Classic Projekten arbeiten. Wir haben mittlerweile vier Rennfahrzeuge aus den 70er und 80er Jahren einsatzbereit in der Werkstatt stehen. Das sind Porsche 944 Cup, Volvo 240 Turbo ex DTM, Opel Ascona 400 und Kadett C Gruppe 4. In der Planung befinden sich noch weitere sehr interessante Fahrzeuge aus der Zeit zwischen 1970 und 1985 von BMW und Mercedes.
Alles weitere wird sich ergeben.
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