Moritz Kranz fährt in der diesjährigen Saison der Nürburgring Langstrecken-Serie mit Janine Shoffner auf einem AMG GT3 des Teams GetSpeed Performance. Im Interview spricht er über den bisherigen Saisonverlauf und die Fehler in der Kommunikation im Verkehr zwischen den großen und kleinen Fahrzeugen.

Du wirst 2021 für GetSpeed Performance mit einem Mercedes-AMG GT3 Evo in der Nürburgring Langstrecken-Serie starten – wie kam es zu dem Deal?

Nach dem 24h-Rennen in Daytona am Anfang des Jahres, hat mich Adam Osieka kontaktiert und mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, dieses Jahr im Zuge der NLS in der SP9-Am mit Janine Shoffner zu fahren. Einen GT3 auf der Nordschleife zu bewegen und die Chance zu erhalten sich mit der Weltspitze zu messen, das ist natürlich mein Ziel. So sind uns auch recht schnell einig geworden.

Die vergangenen Jahre warst du für Mühlner Motorsport gefühlt der Stammfahrer auf der Nürburgring-Nordschleife, wie schwer fiel es dir, das Team zu verlassen?

Das war natürlich sehr ungewohnt an den Ring zu reisen und nicht Teil des Mühlner Motorsport Teams zu sein. Ganz beendet ist die Zusammenarbeit jedoch auch nicht, da ich noch in der USA einen LMP3-Prototypen für Mühlner Motorsport fahre. Wie eingangs erwähnt, ist es jedoch schon immer mein Ziel gewesen, einen GT3-Wagen auf der Nordschleife bewegen zu können und daher führte dann einfach kein Weg um diesen Teamwechsel vorbei. Aber bitte nicht falsch verstehen: GetSpeed hat mich wirklich sehr freundlich aufgenommen und ich fühle mich wirklich sehr wohl und ich freue mich jedes Mal wenn ich wieder an den Ring reisen darf.

Bislang warst du hauptsächlich mit dem Porsche 911 GT3 Cup sowie dem GT4 Cayman auf der Nürburgring-Nordschleife unterwegs. Wie lange hast du gebraucht, dich an das GT3-Fahrzeug zu gewöhnen?

Die größte Umgewöhnung war natürlich, dass sich ein Frontmotorfahrzeug einfach anders bewegen lässt als ein Heckmotorfahrzeug wie der GT3-Cup. Bis zu NLS 2 musste ich an meinem Fahrstil arbeiten, damit er auch für das Auto passt. Was die Aerodynamik angeht, war dies für mich kein großer Umstieg, da ich durch die LMP3-Prototypen schon an Fahrzeuge mit deutlich mehr Aerodynamik gewöhnt war.

Gemeinsam mit Janine Hill konntest du die beiden bisher ausgefahrenen Rennen in der SP9-AM-Klasse gewinnen. Dein Ziel für den restlichen Saisonverlauf kann da nur der Titel sein, oder?

Ja genau, wir haben ganz klar das Ziel die Klasse dieses Jahr für uns entscheiden zu können.

Was sind deine Eindrücke von den beiden gefahrenen Rennen – wie verliefen diese für dich und dein Team?

NLS 2 war für uns ein sehr problemloses Rennen. Da kann man schon von einem perfekten Rennwochenende sprechen. Bei NLS 3 jedoch, haben wir nach dem schon schwierigen Qualifikationstraining eine Strafe bekommen, sodass wir das Rennen vom letzten Platz in der ersten Startgruppe angehen mussten. Das hat uns zu Beginn direkt die Möglichkeit genommen, beim Start vorne mit den Konkurrenten der GT3-Klasse kämpfen zu können, da ich mich erstmal durch das Feld kämpfen musste. Letztendlich konnten wir dann aber doch die Führung in der Klasse übernehmen und konnte am Ende sogar alle Pro-Am-Fahrzeuge hinter uns lassen. Daher waren wir auch mit der in NLS 3 erbrachten Leistung sehr zufrieden. Das Auto ist vom Team top vorbereitet und die gesamte Arbeit von allen Beteiligten ist wirklich perfekt.

Im Zeittraining bist du zweimal knapp an der 8-Minuten-Schallmauer gescheitert. Ist das für dich auch ein Ziel im weiteren Saisonverlauf, diese magische Marke zu durchbrechen?

Ja, ich hatte zweimal einfach richtig Pech. Bei NLS 3 war ich hinter einem Markenkollegen, der im Zeittraining eine 7:58 gefahren ist und er hat da einfach etwas mehr Glück gehabt beim Überholen der kleineren Fahrzeuge, ich musste mich zwei, dreimal hintenanstellen und bis nach der Kurve warten. Im Testen habe ich diese 8-Minuten-Schallmauer schon durchbrochen, aber solange diese Zeit nicht auf einem offiziellen Papier steht, zählt sie für mich nicht. Von daher ist es für den weiteren Saisonverlauf definitiv das Ziel, auch in der offiziellen Session diese 8-Minuten-Schallmauer zu durchbrechen.

Nach den ersten beiden Läufen gab es auch immer weiter Kritik von den NLS-Fahrern, da der Umgang auf der Strecke sehr hart sein soll und dadurch viele schwere Unfälle passiert sind. Was sind deine Eindrücke dazu?

Das ist zugegebenermaßen eine schwierige Frage, da hier viele verschiedene Sichtweisen aufeinandertreffen und die Emotionen auch schnell hochkochen, für die Antwort muss ich etwas weiter ausholen. Ich bin in meiner NLS Karriere Fahrzeuge der Klasse V6 gefahren, die damals im Rennen bei Rundenzeiten von ~ 9:30 Minuten lagen, später dann SP6 mit knapp über 9:00 Minuten, danach dann die GT4 Cayman Trophy mit 8.40er Zeiten im Rennen, anschließend GT3 Cup mit 8:20er Zeiten und seit dieser Saison die SP9 mit Rundenzeiten um die 8:00 Minuten. Ich habe die Rennen also aus vielen verschieden Autos erlebt. Viele, nicht alle, aber ein Großteil dieser Zwischenfälle zwischen kleinen und großen Autos kommen durch fehlende Kommunikation zustande. Damals im V6 war ich viel in den Spiegel am schauen, man hat ständig den Verkehr im Blick gehabt und es war unheimlich wichtig mit dem Blinker zu arbeiten um den schnelleren zu signalisieren was man vor hat. Und das ist mir jetzt beim dritten NLS Lauf sehr negativ aufgefallen, dass das eben kaum noch der Fall ist. Viele Fahrzeuge blinken nicht und ein Teil weicht nach links aus, ein Teil weicht nach rechts aus und ein anderer Teil bleibt auf der Ideallinie. Die Fahrzeuge, die auf der Ideallinie bleiben machen alles richtig, die anderen beiden Parteien aber nicht. Wer die Ideallinie verlässt, der ist angehalten zu blinken, das ist so ganz klar in der Fahrerbesprechung und den Regeln vorgegeben. Mir wurde aber auch mit dem Blinker angezeigt, dass ein Fahrzeug nach Links von der Ideallinie weg fährt, ich ziehe in die Lücke rein und der Fahrer zieht dann komplett von Links auf die Ideallinie zurück, so dass ich in die Wiese musste um ausweichen. Andere Fahrer wollen dich am Ausgang der Kurve vorbei lassen und gehen vom Gas oder Bremsen, aber damit rechnet ja niemand, wer bremst am Ausgang einer Kurve? Aber klar, es gibt auch in den großen Fahrzeugen immer wieder Fahrer, die zu hart fahren. Beim zweiten NLS Lauf wurde ja im Bereich Stefan-Bellof-S ein V4 abgeräumt und ich kenne den verunfallten Fahrer und habe das Video dazu gesehen und er konnte überhaupt nichts dafür. Das ging da zu 100 % auf die Kappe des GT3 Fahrzeuges. Es wird leider immer wieder zu Kontakten kommen, das wird nicht ausbleiben aber letztendlich gilt einfach nach wie vor, dass man Rücksicht aufeinander nehmen muss. Die Großen auf die Kleinen aber auch umgekehrt.

Wirst du, neben dem GetSpeed Programm, weitere Rennen absolvieren in diesem Jahr?

Ja genau, wie ich eben schonmal angedeutet habe, bin ich in der amerikanischen IMSA-Serie noch auf einem LMP3-Prototypen am Start. Ich hätte auch noch ein Programm auf einem Lamborghini in Amerika gehabt, was sich jedoch leider kurzfristig dann doch nicht ergeben hat. Mit dem LMP-Programm und dem GT3-Programm ist mein Terminkalender schon sehr voll. Dazu gesellen sich dann auch noch verschiedene Coaching-Programme, mir wird sicherlich nicht langweilig werden.

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