Philip Ellis hat eine umfangreiche Saisonplanung mit HTP WINWARD. Für die Saison 2020 ist Ellis in die Programme im ADAC GT Masters, dem GT World Challenge Europe Endurance Cup sowie der IMSA Michelin Pilot Challenge eingeplant – hier mehr dazu. Wir sprachen mit Ellis über die anstehende Saison und er verrät, warum er seit der Saison 2019 unter Schweizer Flagge im Motorsport startet. Zudem vergleicht er, wie sich der Motorsport in Amerika mit dem in Europa unterscheidet.

Was bezeichnest du als dein bestes Rennen in deiner Motorsportkarriere und wieso? Und was sind deine schönsten Erinnerungen an deine Karriere?

Das Auftaktrennen 2018 in der ADAC GT Masters war sicherlich eines meiner besten Rennen, wo Max und ich das gesamte Rennen über den Lamborghini von Bortolotti und Caldarelli hinter uns halten mussten. Ein weiteres sehr starkes Rennen war letztes Jahr in Zandvoort, wo wir von P25 aus bis auf P7 gefahren sind mit vielen harten Zweikämpfen, vor allem in den letzten 10 Minuten des Rennens.

Wo es Höhen gibt, gibt es auch Tiefen. Was ist, deiner Meinung nach, dein Tiefpunkt in deiner Karriere gewesen?

2012 war definitiv mein Tiefpunkt in meiner Karriere. Nachdem ich 2011 die LO Formula Lista gewann, wurde ich in der F3 Euroseries ins kalte Wasser geworfen und bekam dort nicht die gewünschte und benötigte Unterstützung vom Team, um mich dort zu beweisen. Da es sinnlos war weiterzufahren, habe ich nach nur drei gefahrenen Rennen auf eigene Faust das Team verlassen, um mir nicht noch mehr zu schaden. Daraus folgte dann eine sehr schwierige Phase, in der ich bis 2016 nicht mehr fahren konnte, da mir das Budget fehlte und mir keine Chance mehr gegeben wurde. Erst im Audi Sport TT Cup konnte ich endlich wieder Fuss fassen, nachdem ich durch die Sichtung gekommen bin und eines der Cockpits bekam für die Saison 2016.

Was sind die Top 3 an deinen Rennstrecken, die du bereits selbst befahren hast? Und was zeichnen diese deiner Meinung nach aus?

Philip Ellis Maximilian Götz GetSpeed Performance Mercedes AMG GT3 VLN Nürburgring
Foto: Daniel Matschull

Die Nordschleife, Zandvoort und Sebring. Alle drei sind Oldschool-Strecken mit wenig oder garkeinem Auslauf. Fehler werden dort hart bestraft und der Fahrer macht mehr aus, als bei den moderneren Rennstrecken. Ich hoffe natürlich, dass der Charakter in Zandvoort auch dieses Jahr noch ähnlich sein wird, nach den Änderungen für die F1.

Was ist das Kurioseste, was du bislang in deiner Karriere auf der Rennstrecke erlebt hast?

Im entscheidenden Lauf des Audi Sport TT Cups in Hockenheim 2017 wurden wir auf der letzten Runde nicht abgewunken. Da wir aber keinen Funk hatten, war ich mir nicht sicher, ob sich mein Team vertan hat, oder der Veranstalter. Und so ging es dem gesamten Feld… es war eine große Verwirrung auf der Strecke. Nachdem ich schon viel Pace rausgenommen hatte, war mein Titelrivale nun aber direkt hinter mir und ich fing wieder an zu pushen, falls wir uns doch vertan hatten. Erst in der Spitzkehre kam dann der Funkspruch, dass wir doch bitte nicht mehr so schnell fahren sollten, da das Rennen beendet sei.

Viele Rennpiloten überbrücken die Coronazeit mit Simracing. Wie sieht es bei dir aus? Nimmst du auch an solchen Veranstaltungen teil und fährst in deiner Freizeit virtuelle Rennen?

Simracing ist sozusagen meinte Hauptbeschäftigung seit Februar. Ich habe schon immer viel Simracing betrieben, aber die letzten Jahre eher als Vorbereitungen für spezifische Rennen die anstehen, um mich auf die jeweiligen Strecken einzuschiessen. Mittlerweile fahre ich mehrere Meisterschaften mit und habe zwei oder drei Rennen pro Woche, für die man mittlerweile auch entsprechend trainieren muss. Aber es macht natürlich auch Spass, sich mit anderen Fahrern und Simracern auf einem so hohen Niveau wie z.B. der DNLS (Digitale Nordschleifen Langstrecken Serie) zu messen!

Wie versuchst du ansonsten die Pause zu überbrücken, ehe es wieder mit dem Motorsport los geht?

Wenn alles gut läuft, sind wir in einigen Wochen wieder zurück auf den Rennstrecken. Entsprechend bin ich schon jetzt wieder in der ganz „normalen“ Vorbereitung neben dem Simracing mit Daten- und Videoanalysen. Daheim versucht man sich natürlich auch so fit zu halten wie es geht. Ich halte mich also so gut es geht beschäftigt, körperlich und mental fit damit wir sofort angreifen können, wenn es wieder losgeht!

2019 bist du erstmals unter Schweizer Flagge an den Start gegangen? Wie kam es dazu?

Nun, ich bin halb deutscher und halb britischer Herkunft. Jedoch lebe ich seit über 20 Jahren in der Schweiz und bin hier also aufgewachsen. Für mich war es nun ein logischer Schritt, entsprechend mit der Schweizer Rennlizenz und unter Schweizer Flagge zu starten. Könnte ich wählen, würde ich jedoch alle drei Flaggen hissen!

HTP Motorsport ist zur Saison 2020 mit dem amerikanischen WINWARD-Team fusioniert. Wie sehr hat sich das Team dadurch verändert?

Das Team ist an und für sich dasselbe wie 2019, nur dass es sich erweitert hat. Wir haben nun den amerikanischen Teil dazugewonnnen, wovon beide Seiten nur profitieren können. Ich kannte die Jungs von WINWARD schon aus 2019 und wir kommen alle super miteinander aus. Das ist entsprechend auch der Schlüssel zum Erfolg, den alle im Team verfolgen.

In dieser Saison ist geplant, dass du gemeinsam mit Raffaele Marciello im ADAC GT Masters starten wirst – was sind deine Ziele in der Saison?

Philip Ellis Raffaele Marciello HTP WINWARD Mercedes AMG GT3 ADAC GT Masters
Foto: HTP WINWARD

Mit Raffaele kann es eigentlich nur ein Ziel geben, und das heißt ganz klar Attacke nach vorne. Wir wollen um den Titel kämpfen und ich bin guter Dinge, dass wir mit dem Lineup und dem Team bestens aufgestellt sind. Zudem wird unser Schwesterauto mit Indy und Max uns genau so pushen, wie das ADAC GT MastersFeld selbst. Abgesehen davon möchte ich mich natürlich auch dieses Jahr fahrerisch weiterentwickeln und möglichst viel von Raffaele lernen.

Du wirst auch in der GT World Challenge Europe für HTP WINWARD starten. Gemeinsam mit Indy Dontje und Russell Ward startest du im Silver Cup. Das Saisonziel kann nur der Titelgewinn in der Klasse sein, oder?

Das war der Plan. Im Pre-Season Test in Paul Ricard waren wir super aufgestellt und haben das letzte Training auf dem ersten Platz beendet. Enstprechend zuversichtlich sind wir abgereist und haben den Titel im Silver Cup im Visier. Durch die vielen Überschneidungen mit der IMSA und der GT World Challenge wird dies jedoch sehr schwierig zu bewältigen sein. Die Entscheidung was nun gefahren wird, und was nicht, ist zum Glück nicht mein Stück Brot. Ich hoffe natürlich trotzdem, dass wir möglichst viele Rennen hier bestreiten können, da definitiv mit uns zu rechnen wäre! Wie viele Rennen wir schlussendlich fahren können, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen.

Du startest auch in der IMSA Michelin Pilot Challenge für HTP WINWARD. Wodurch zeichnet sich diese Rennserie aus, welche in Europa recht unbekannt ist?

In der IMSA Michelin Pilot Challenge fahren nur GT4- und TCR-Fahrzeuge. Wir hatten in Daytona aber 50 Autos am Start, das sorgt für eine Menge Action! Wir haben dort viele verschiedene Hersteller und natürlich auch Fahrer, wodurch das ganze Rennen über hart gekämpft wird. Gepaart mit Boxenstopps und den Safety Car-Phasen, finde ich die Serie extrem spannend und hat mir super viel Spass gemacht in meinem ersten Rennen in Daytona. Entsprechend freue ich mich schon, wenn wir dort wieder ins Lenkrad greifen dürfen!

Wie stark unterscheidet sich der amerikanische Motorsport vom europäischen, und wodurch merkst du das als Rennfahrer?

Persönlich fand ich die gesamte Mentalität komplett anders, was aber nicht unbedingt negativ war. Das Racing drüben ist genau so hart wie in Europa, aber die Spannung dort wird immer wieder neu entfacht durch die vielen Safety Car-Phasen. Das ist bei jedem Restart dort wie Krieg, macht aber auch entsprechend viel Spass. Trotz allem haben alle voreinander eine Menge Respekt und lassen dir meistens Luft zum atmen. Da wird hier in Europa mehr Lack ausgetauscht und härter dagegengehalten. Im Gesamten würde ich sagen, dass der amerikanische Motorsport emotionsvoller, der europäische Motorsport hingegen härter umkämpft ist. Da gibt es bei mir keinen Favoriten – beides ist genial!

Wer weitere Informationen zu Philip Ellis erhalten möchte, dem empfehlen wir einen Blick auf seine offizielle Facebookseite und auf seine Webseite.

 

 

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