Ende 2022 hat Mike Jäger die Geschäftsführung der VLN Sport GmbH & Co. KG übernommen. Aus sportlicher Sicht war sein Premierenjahr 2023 ein voller Erfolg mit viel positivem Feedback seitens der Teilnehmer. Daneben war das Jahr von dem Gerichtsprozess gegen den Rennstreckenbetreiber geprägt, der der VLN künftig keine Termine mehr zugestehen wollte. Das Urteil ist gesprochen und im Interview redet Jäger über die Folgen und erklärt, wieso er zuversichtlich in die Zukunft blickt.
Mike, das Urteil in dem Prozess der VLN gegen den Nürburgring ist gesprochen. Was bedeutet dieses Urteil?
Wir haben ja in einem Eilverfahren gegen den Rennstreckenbetreiber geklagt, weil dieser uns keine Termine mehr geben wollte. Dabei wurde der VLN die Pistole auf die Brust gesetzt. Wir und die Motorsport-Clubs als unsere Gesellschafter hätten sich einer neuen Firma anschließen und hätten dabei jegliches Mitspracherecht abgeben sollen. Das war für uns jedoch keine Option.
Da muss ich mal kurz dazwischen grätschen. Wieso genau war das keine Option?
Diese Clubs haben 1977 die heutige Nürburgring Langstrecken-Serie aus der Taufe gehoben, sie über mittlerweile 47 Jahre aufgebaut und zu dem gemacht, was sie heute ist, um nun komplett das Ruder aus der Hand zu geben? Ein klares „Nein“. Die Vereine sind die Basis der Nürburgring Langstrecken-Serie als professionelle Breitensportserie. Sie sorgen unter anderem für die Bodenhaftung.
Zurück zum Prozess…
Das erstinstanzliche Urteil wurde vom Landgericht Mainz gefällt, der Rennstreckenbetreiber ging in Berufung und nun hat das Oberlandesgericht Koblenz das finale Urteil gesprochen: Der Nürburgring muss uns Termine geben. Wir bekommen für 2024 fünf Termine für vier Veranstaltungen über je zwei Tage und eine über drei. Somit können wir mindestens sechs Rennen ausrichten.
Bist Du damit zufrieden?
Ja, absolut! Ich sehe das Urteil positiv für uns. Ursprünglich wollte man uns gar nicht mehr fahren lassen. Daher ist es ein Erfolg für uns, auch wenn ich mir mehr Termine gewünscht hätte. Das Urteil ist sehr wichtig.
Hätte es nicht auch die Möglichkeit auf einen Vergleich gegeben?
Wir haben darüber verhandelt, letztlich ohne greifbares Ergebnis. Am Ende war es für uns von großer Bedeutung, dass ein Urteil vorliegt. Denn sonst hätte das Spielchen Jahr für Jahr so weitergehen können, ohne dass zumindest einige wesentliche Grundfragen gerichtlich geklärt werden. Das Urteil hat ja nicht nur Auswirkungen für uns als VLN, sondern prinzipiell für alle Veranstalter, die auf dem Eifelkurs Langstrecken-Rennen ausrichten. Das Gericht hat festgesetzt, dass es sich bei dem Nürburgring um eine sogenannte ‚Essential Facility‘ handelt. Quasi eine Art Allgemeingut. Und hier darf niemand kurzer Hand ausgeschlossen werden. Was einfach klingt, ist juristisch betrachtet hoch komplex. Das Urteil umfasst 40 Seiten. Hinter vorgehaltener Hand sind uns übrigens viele Veranstalter sehr dankbar, dass wir diesen Weg gegangen sind.
Nachdem ihr nun vor Gericht gewesen seid, wie soll die Zusammenarbeit mit dem Nürburgring künftig funktionieren?
Auf der einen Seite gibt es das Urteil, welches uns den Zugang gewährt. Auf der anderen Seite gehen wir als VLN davon aus, dass wir die ganze Geschichte nun beiseitelegen und dass wir uns einfach professionell und auf Augenhöhe mit dem Rennstreckenbetreiber begegnen. Es ging uns nie um Befindlichkeiten, daher müssen jetzt alle nach vorne blicken und wieder im Sinne des Motorsports auf dem Nürburgring an einem Strang ziehen. Jeder der mich kennt weiß, dass ich ein Vollblut-Motorsportler bin, mir ist es nie um etwas anderes gegangen als den Motorsport und die von mir so geliebte VLN/NLS, in der ich einst große Erfolge feiern durfte.
Nun gibt es offensichtlich einen neuen Marktbegleiter, liest man, der ebenfalls Langstreckenrennen nach Vorbild der NLS austragen möchte. Wie stehst Du dazu?
Ich sehe das sehr gelassen. Viele unserer Kunden – die Teams –, die Streckenposten und Fans sowie zahlreiche Sponsoren haben sich eindeutig zur VLN bekannt. Es gab im vergangenen Jahr nach der Umstrukturierung der Führungsebene viel positives Feedback und das, nachdem es in den Jahren zuvor unter anderen Führungspersonen häufig Kritik gehagelt hatte. Dieses Vertrauen weiß ich sehr zu schätzen und es motiviert uns alle den eingeschlagenen Weg konsequent im Sinne aller fortzusetzen. Auch aus dem Bereich der Orga sind alle wichtigen und erfahrenen Personen ebenfalls unverändert mit an Bord. Wir können also durchstarten.
Du scheust also nicht die Konkurrenzsituation?
Zunächst einmal ‚Konkurrenz belebt das Geschäft‘. Das ist eine oft verwendete Floskel, die aber einfach zutrifft. Die VLN hat ein sehr gutes Produkt und braucht sich nicht zu verstecken. Wir haben hinter den Kulissen sehr gute Clubs, mit denen wir die Rennen ausrichten, wir haben tolles Personal in der Rennleitung und bei den Technikern, wir haben erfahrene Sportwarte, die die komplexen Aufgaben rund um die Nordschleife souverän meistern und wir haben in der Führungsriege ebenfalls Menschen, deren Herz für unsere Serie brennt. Daneben haben wir eine Reihe von langjährigen Dienstleistern, Sponsoren und Partnern, die auch in schwierigen Zeiten langfristig zu uns stehen. Wir sind bestens aufgestellt.
Die ‚Nürburgring Langstrecken-Serie‘ hat sich stets weiterentwickelt. Was steht in Zukunft an?
Wie schon gesagt, ist unsere Serie grundlegend ein gutes Produkt. Sie ist eine bekannte Größe in der vielfältigen Motorsportlandschaft. Und nicht zuletzt, dass sie 2024 in ihr 48. Jahr startet, spricht Bände. Wir werden natürlich daran arbeiten, an wichtigen Stellschrauben zu drehen, um die Serie zukunftssicher zu machen. Aber dazu braucht es aktuell keine Revolution, sondern nur eine stetige Evolution. Blickt man in die Vergangenheit, sind in anderen deutschen Serien Versuche, das Rad neu zu erfinden, nicht selten nach hinten losgegangen.
An welche Beispiele denkst Du?
Nimm mal die DTM in den frühen 2000er-Jahren als Beispiel. Die haben unglaublich viel versucht in Sachen Qualifying- und Rennformaten. Es gab Qualirennen, Superpole und und und. Schlussendlich hat sich nichts davon durchgesetzt. Jetzt, wo unter der Ägide des ADAC einfach nur ein kurzes Qualifying gefahren wird und das einstündige Rennen, funktioniert doch alles. Die Fans sind glücklich damit. Ich war ja selber Rennfahrer. Aus Leidenschaft. Am Ende willst Du einfach nur Rennen fahren. Alles, was das verkompliziert, stört am Ende nur.
Wie geht es in der NLS nun praktisch weiter?
Wir gehen davon aus, dass der Nürburgring uns fortan genauso partnerschaftlich behandelt, wie alle anderen Streckenmieter und wir einfach unser Ding machen können. Dazu brauchen wir jetzt dringend Termine. Und dann geht es auch schon los. Unsere Ausschreibung ist schon lange fertig – wir müssen nur noch die Daten und Termine der Rennen eintragen. Und dann freue ich mich, wenn wir uns zum Auftakt alle wieder sehen, um uns der schönsten Nebensache der Welt zu widmen.
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