Tim Heinemann blickt auf seine 2023er Rennsaison zurück. Neben seinem Debüt in der DTM und der Tabellenführung nach dem Saisonauftakt in Oschersleben, blickt er auf Klassensiege bei den 24h Spa und den GT World Challenge Europe Endurance Cup zurück. Zudem war er auf der Nordschleife aktiv.
Die 2023er DTM-Saison liegt hinter dir, doch blicken wir einmal auf den Start des Jahres zurück: Wie war es für dich persönlich, als feststand, dass du in der DTM starten wirst. Wie hatte sich das für dich angefühlt?
Es in die DTM zu schaffen war ein jahrelanger Traum von mir. Schon als Kind habe ich die DTM verfolgt und zu den großen Namen hinaufgeschaut. Als die Zusage kam, war ich überglücklich.
Schnell wurdest du auch einer der Publikumslieblinge in der DTM, wie war dies für dich? Muss das nicht surreal für dich gewesen sein, gerade da du ja auch die Position des Fans kennst?
Auf jeden Fall war es etwas Besonderes. Wie du sagst, kenne ich die andere Seite als Zuschauer sehr gut und finde es immer noch überwältigend, wenn Fans ein Autogramm von mir wollen und mir sagen, dass ich ihr Idol bin. Ich denke mir immer „ich bin doch einer von euch“. Es ist einfach toll und mit vielen Aktivitäten rund um die „From Sim to DTM“-Kampagne versuchen wir die Fans hautnah dran teilhaben zu lassen.
Beim Saisonauftakt in Oschersleben konntest du beide Rennen auf dem zweiten Platz beenden und hast die Strecke als Tabellenführer verlassen. Wie lange hat es gedauert, bis du das realisiert hattest?
Auf der Heimfahrt und am Morgen danach dachte ich mir schon „was ist da eigentlich passiert?“. Es war ein überwältigendes Wochenende in vielerlei Hinsicht. Als Neuling in der DTM hat man am ersten Rennwochenende ohnehin schon viele Eindrücke zu verarbeiten, dass es dann direkt so gut läuft, damit habe ich nicht gerechnet. Mir war aber relativ schnell klar, dass es ab jetzt echt schwer werden wird die damit verbundene Erwartungshaltung anzuknüpfen. Ich habe den Moment einfach genossen.
Was war euer Erfolgsrezept in Oschersleben?
Wir kamen sehr gut vorbereitet nach Oschersleben und hatten als Neulinge wenig Druck. Wir waren also unbeschwert und haben einfach unser Ding gemacht. Zeitgleich haben sich andere Teams etwas schwerer getan als erwartet. An dem Wochenende hat für uns einfach alles gepasst.
Bei den folgenden Rennwochenenden konntet ihr an diese Leistung nicht mehr anknüpfen. Woran lag dies?
Ich denke das hat viele Gründe. Angefangen bei der Erfahrung, die mir als Fahrer noch gefehlt hat. Ich habe trotz des unfassbaren Saisonauftakt auch nicht erwartet, an jedem Rennwochenende ganz vorne mit dabei zu sein. Das wäre ein Märchen gewesen, aber in der Realität ist die DTM die härteste GT-Rennserie der Welt. Da kommt es auf Kleinigkeiten an und es muss alles passen. Wir hatten sicherlich auch nicht das höchste Budget und konnten dadurch nicht so oft Testen, wie andere Teams. Dafür haben wir meiner Meinung nach einen guten Job gemacht. Wir haben in den Rennen immer wieder guten Speed gezeigt, aber haben das Gesamtpaket leider nicht gut genug hinbekommen, um nochmal wirklich vorne mitfahren zu können.
Im Regenrennen auf dem Nürburgring warst du bis zum Pflichtboxenstopp auf Podestkurs und konntest die Fans mit spektakulären Manövern begeistern. Wie frustrierend war es dann für dich, als nach dem Reifenwechsel nicht mehr viel ging, da ihr euch mit dem Reifendruck verpokert hattet?
Das war schon sehr frustrierend. Ein Podium war auf jeden Fall drin und wir hatten auch eine Chance auf den Sieg. Es wäre ein Befreiungsschlag gewesen nach den schwierigen Wochenenden, die wir hatten, so war es leider einfach nur enttäuschend. Am Ende ist es aber so wie es ist und ich habe das schnell abgehakt, um mich auf die folgenden Wochenenden zu konzertieren.
Was für ein Fazit ziehst du am Ende der DTM-Saison? Womit bist du zufrieden und was hätte deiner Meinung nach besser laufen können?
Alles in allem bin ich sehr zufrieden mit meiner Saison. Natürlich hatte ich gehofft, konstantere Platzierungen in den Punkten zu erreichen. Dennoch, wenn mir vor der Saison jemand gesagt hätte: „Tim, du wirst zweimal auf dem Podium stehen und die Meisterschaft anführen,“ hätte ich denjenigen wahrscheinlich für verrückt erklärt. Ich erinnere mich noch an den offiziellen Test am Red Bull Ring vor der Saison, als man mich nach meinen Zielen fragte. Ich sagte, dass ich einmal auf dem Podium stehen möchte und wurde dafür belächelt. Mein persönliches Ziel habe ich also übertroffen, und für mich war es ohnehin eine große Ehre, in der DTM antreten zu dürfen. In dieser Saison habe ich auch viel über mich selbst gelernt und fühle mich definitiv als besserer Rennfahrer als zuvor. Ich fühle mich immer noch wie ein Kind im Traum und bin einfach überglücklich, dass ich meinen Traum „From Sim to DTM“ leben darf.
Du warst in den vergangenen Jahren auf der DTM-Plattform unter Führung der ITR aktiv, ehe vor der Saison 2023 der ADAC diese übernommen hat. Wie hat sich diese deiner Meinung nach unter der Führung des ADAC entwickelt?
Ich denke der ADAC hat einen guten Job gemacht, vor allem wenn man die kurze Vorbereitungszeit berücksichtigt.
Zudem hattest du auch zwei kurzfristige Starts im GT World Challenge Europe Endurance Cup, wo du für Huber Motorsport bei den 24h Spa und für Herberth Motorsport auf dem Nürburgring jeweils den Klassensieg im Bronze Cup einfahren konntest, so dass du scherzhaft den Spitznamen Mr. 100% bekamst. Wie fühlt es sich als Mr. 100% an?
Das war natürlich großartig. Beides waren Last-Minute-Calls. Vor allem für die 24h Spa habe ich lange nach einem Cockpit gesucht, da das Rennen schon lange auf meiner Wunschliste stand. Ich habe meine Renntasche immer fertig gepackt, um direkt startklar zu sein und das hat sich in diesem Fall ausbezahlt.
Vor allem haben mich diese beiden Erfolge aber für meine Teams Huber Motorsport und Herberth Motorsport gefreut, denn zuvor hatten wir noch nicht zusammengearbeitet und die Teams haben großes Vertrauen in mich gesetzt. Mich hat es gefreut Ihnen mit einem guten Resultat etwas zurückzugeben.
Gerade in Spa hattet ihr mit der Pole-Position in einem verrückten Qualifying und den Klassensieg für viel Aufsehen gesorgt. Dazu fuhrst du die schnellste Rennrunde in der Geschichte des Rennens mit GT3-Fahrzeugen – wie hattest du die Tage beim weltgrößten GT3-Rennen wahrgenommen?
Das ganze Wochenende lief sehr schnell an mir vorbei. Niemand hatte mich auf dem Schirm. Beim offiziellen Test war ich nicht mit dabei, ich musste also schnell mit dem Auto und der Strecke klarkommen und mich ins Teams einfinden. Es waren insgesamt sehr viele Eindrücke, die ich vor Ort gar nicht verarbeiten konnte und mir erst bewusstgeworden, als ich nach dem Wochenende die Bilder durchgeschaut habe. Das ganze Wochenende war eine Achterbahnfahrt und es lief alles andere als am Schnürchen. In der Nacht hatten wir über eine Runde Rückstand und das Rennen schien schon fast verloren. Wir haben aber nie aufgegeben, konnten uns dank einer guten Strategie zurückrunden und das Rennen doch noch zu unseren Gunsten drehen. Der Rundenrekord das i-Tüpfelchen. Ich glaube jeder war überrascht als ich auf dem Podium dafür geehrt wurde, denn im GT World Challenge-Umfeld war ich eher unbekannt. Großartige Erinnerungen die ich niemals vergessen werde.
Der Start mit Herberth Motorsport erfolgte noch kurzfristiger – wie anspruchsvoll war es für dich, nachdem du Freitagnachmittag gefragt wurdest, ob du das Wochenende schon etwas vorhast?
Ich hatte an der Strecke noch nicht mal ein Hotel und bin jeden Tag nach Hause gefahren, das war schon witzig. Anders als in Spa kannte ich die Strecke im GT3 Auto wenigstens, musste die verpassten Trainings aber schnell abholen. Das bedarf maximalen Fokus.
Schlussendlich warst du auch für Falken Motorsports auf der Nordschleife aktiv. Wie verlief die Saison dort für dich?
Insgesamt bin ich auch hier zufrieden mit meiner Leistung. Bei den ADAC 24h Qualifiers konnten wir ein Podestergebnis einfahren. Mein Highlight war aber natürlich das 24-Stunden-Rennen, denn die Atmosphäre ist einfach einzigartig. Im Rennen selbst lagen wir lange auf Top 5-Kurs, eventuell hätten wir sogar die Chance auf das Podium gehabt. Leider war das Glück nicht auf unserer Seite und nach einigen Zwischenfällen hat es „nur“ zu einer Top 10-Platzierung gereicht, aber auch darauf können wir stolz sein.
Wie fühlt es sich für dort persönlich an, wenn du vor 235.000 Zuschauern am Nürburgring in einem der Fahrzeuge startest, welches eines der Favoriten auf den Gesamtsieg ist?
Das fühlt sich phänomenal an. Ich saß so oft beim 24-Stunden-Rennen auf der Tribüne, habe die Rennen die ganze Nacht verfolgt und davon geträumt eines Tages mitzufahren, egal mit welchem Auto. Mit einem gesamtsiegfähigen Auto dabei zu sein und dann auch noch im legendären Falken Porsche ist etwas Besonderes und ich weiß solche Gelegenheiten zu schätzen.
Zur Saison 2024 wirst du in der Fahrereinstufung von Silber auf Gold hochgestuft – was ändert sich dadurch für dich?
Für die DTM und das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring ändert sich nichts. Für Serien wie die GT World Challenge gelte ich ab jetzt allerdings als Profi und das schränkt die Klassen bzw. die Fahrerkombinationen, in denen ich fahren darf, ein. Es ist zum Beispiel nur ein Profi pro Fahrzeug in der Bronze-Klasse bei den 24h Spa erlaubt. Für mich wird es also schwieriger an Fahrerplätze zu kommen.
Kannst du schon etwas zu deiner Saisonplanung für 2024 sagen? Ist dein Ziel weiterhin in der DTM zu starten?
Im Winter werde ich ein Programm bestreiten, das in Kürze bekanntgegeben wird. Für 2024 ist noch nichts fixiert. Ich habe einige Wünsche, einer davon ist weiterhin in der DTM an den Start zu gehen. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, ob sich meine Wünsche umsetzen lassen und ich hoffe zeitnah mehr sagen zu können.
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