Der dritte Saisonstopp auf dem Norisring löst vor allem bei Marco Wittmann große Begeisterung aus. Sein Wohnort Fürth liegt in unmittelbarer Nähe zu Deutschlands einzigem Stadtkurs. In besonders guter Erinnerung hat Wittmann das DTM-Rennwochenende auf dem Norisring im Jahr 2018. Damals jubelte der heute 33-Jährige über einen Heimsieg. Im Interview spricht der BMW-Pilot über diesen besonderen Erfolg, die einmalige Charakteristik des Norisring und seine Rolle als Einzelkämpfer.
Das nächste DTM-Event steigt in Nürnberg. Was macht den Mythos Norisring aus?
Es ist der einzige Stadtkurs in Deutschland und im Kalender der DTM. Das ganze Flair an der Strecke ist einzigartig und hat ein bisschen Biergarten-Charakter. Die Zuschauer sind noch dichter am Geschehen, alles rückt noch enger zusammen. Außerdem hat der Norisring in der Vergangenheit schon oft für Spektakel und einige Crashes gesorgt. Dazu kommt für mich persönlich, dass ich dieses Jahr zum zehnten Mal dort am Start bin.
Vor fünf Jahren konntest du einen Sieg am Norisring feiern. Welchen Stellenwert hat so ein Heimspiel-Erfolg?
Dieser Sieg am Norisring bedeutet mir genauso viel wie meine beiden DTM-Titelgewinne. Das betrifft vor allem die emotionale Ebene, weil ich auf diesen Moment einige Jahre warten musste. Das Rennen habe ich heute noch vor Augen. Obwohl ich als Siebter gestartet bin, konnte ich bis an die Spitze fahren. Natürlich wäre es ein Traum, diesen Erfolg zu wiederholen. Es gibt nichts Schöneres, als beim Heimrennen auf dem Podium zu jubeln.
Wie groß wird der Support für dich am Norisring?
Wenn ich den Fanclub mit dazurechne, sind es über 100 Leute auf meiner Ticketliste. Es ist großartig, so einen Support von der Familie, Freunden und Sponsoren zu bekommen. Das bedeutet für mich natürlich auch ein volles Programm neben der Strecke, aber ich freue mich total auf das Wochenende.
Welche Herausforderungen bringt ein Stadtkurs mit sich?
Da es keine Testmöglichkeiten gibt, ist das Freie Training für dich als Fahrer der erste Einsatz auf der Strecke. Anders als auf permanenten Rennstrecken hat der Norisring viele Bodenwellen. Dazu kommt, dass sich der Grip auf einem Stadtkurs übers Rennwochenende immer weiter verbessert. Darüber hinaus stellt sich auf dem Norisring immer die Frage nach der richtigen Portion Risiko, denn Auslaufzonen oder Kiesbetten gibt es nicht. Neben der Strecke ist im Zweifelsfall die Mauer.
Welche Passagen auf der Strecke gefallen dir besonders gut?
Einer meiner Lieblingsabschnitte ist das Schöller-S. Als Fahrer musst du da den Spagat bewältigen, das Auto mit wenig Abtrieb möglichst schnell durch die Kurven zu bringen, gleichzeitig aber beim Kurvenausgang nicht durch zu viel Speed die Mauer zu touchieren. Außerdem ist es ein einzigartiges Gefühl, auf der Start-Ziel-Geraden an den vielen Fans und dieser imposanten Kulisse auf der großen Steintribüne vorbeizufahren.
Du absolvierst bereits deine elfte DTM-Saison. Was gefällt dir an der Serie?
Die Besonderheit in der DTM ist für mich ganz klar, dass mit einem Fahrer pro Auto gefahren wird. Anders als in anderen GT3-Serien oder im Langstreckensport bist du auf dich allein gestellt und es gibt keine Kompromisse mit den Teamkollegen. Das betrifft unter anderem die Sitzposition im Fahrzeug, die Abstimmung vom Setup oder auch die Rennstrategie. In der DTM ist alles auf dich abgestimmt. Das sorgt für Druck, macht aber auch den Reiz aus. Dazu kommt das Format mit den Sprintrennen, das es im GT-Sport sonst kaum noch gibt.
Wie hat sich die DTM seit deiner Debütsaison 2013 verändert?
In meinen Anfangsjahren bestand das Starterfeld nahezu komplett aus Werksfahrern. Heute mischen auch junge Talente mit, die sich in der DTM für Werksverträge empfehlen wollen. Das ist eine super Mischung und anhand der Ergebnisse sieht man ja, wie eng ein Großteil vom Feld zusammenliegt. Die DTM ist eine Plattform für Top-Piloten. Das muss man sich bewahren, auch wenn GT-Fahrer heute in der Regel nicht mehr ausschließlich in einer Serie antreten.
Das Team Project 1 setzt aktuell einen BMW M4 GT3 ein. Wie gehst du mit deiner Rolle als Einzelkämpfer um?
Natürlich ist das eine zusätzliche Herausforderung. Neben uns gibt es noch weitere Neueinsteiger, allerdings können wir mit einem Auto nicht so viele Daten sammeln. An einem zweiten Fahrzeug könnte man beispielsweise mehr Setup-Optionen probieren, diese Möglichkeit fehlt uns aktuell. Trotzdem arbeiten wir jeden Tag gemeinsam hart, um uns immer weiter zu verbessern.
Welche Tipps würdest du als zweimaliger DTM-Champion jungen Nachwuchsfahrern geben?
Mit Blick auf meinen Karriereverlauf würde ich sagen, dass man ab einem gewissen Zeitpunkt einfach realistisch vorgehen muss. Ich hätte nach meiner Zeit in der Formel 3 weiter den Weg Richtung Formel 1 gehen können, habe mich damals aber nach einem DTM-Test mit BMW für den Tourenwagen-Sport entschieden. Rückblickend war das goldrichtig. Als kleiner Junge im Kart träumt man von der Formel 1, aber ich kann jedem empfehlen, über den Tellerrand zu blicken. Es gibt heute viele Möglichkeiten, es eines Tages ins ADAC GT Masters oder die DTM zu schaffen und im professionellen Motorsport dabei zu sein.
Dein BMW M4 GT3 strahlt als „Green Machine“ in den Farben von Schaeffler. Welche Verbindung hast du zu dem Unternehmen?
Wir arbeiten bereits seit der Saison 2019 zusammen, seitdem bin ich Markenbotschafter von Schaeffler. Das Verhältnis geht über eine klassische Partnerschaft hinaus. Das liegt allein schon an der regionalen Nähe, ich wohne nur rund eine Viertelstunde Autofahrt von Schaeffler-Standort in Herzogenaurach entfernt. Wir sind regelmäßig in Kontakt, tauschen Ideen aus. Selbst zu den Schaeffler-Vorständen habe ich öfter Kontakt, so eine enge Partnerschaft ist ungewöhnlich. Für das Vertrauen bin ich sehr dankbar.
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