Der Saisonabschluss der GT Winter Series in Barcelona am Sonntag, den 13. März 2022 war gezeichnet von kapriziösen Unwägbarkeiten, Überraschungserfolgen und einem denkbar knappen Meisterschaftskampf. Zum Schluss sollte das Team Schnitzelalm Racing mit Marcel Marchewicz und Michael Sander die Krone mit nach Hause nehmen. Das besondere Konzept der GTWS brachte knapp 40 Fahrer aus ganz Europa in die Nennlisten.
Qualifying – „Quick Gaby“ verbläst „die Grossen“
Nachdem die GT Winter Series bisher eine makellos sonnige Saison feiern durfte, regnete es plötzlich Bindfäden im sonnenverwöhnten Katalonien. Besonders gut mit diesen Bedingungen zurecht kam die Familie Teixeira. Während Antonio mit seinem von Monza Garage vorbereiteten Ligier LMP3 auf die Pole fuhr und vom Team Thor LMP3 mit Addun Gudmundsson in Reihe eins flankiert wurde, schaffte es Bruder Manuel mit dem SR8 in die zweite Startreihe auf Platz 4. Dazwischen schob sich der bildschöne mattschwarze Bullitt Racing Aston Martin GT3 mit Valentin Hasse-Clot.
Ein besonderes Kunststückchen brachte Gabriela Jilkova fertig, denn sie liess bis auf den Bullitt und die drei Prototypen alle anderen Boliden hinter sich und fuhr mit dem auf dem Papier unterlegenen DRAGO Racing ZvO AMG GT4 auf gesamt P5! Eine eindrucksvolle Regenperformance der talentierten Blondine.
Ähnliches gelang im zweiten Qualifying dem auf dem RN Vision Cayman GT4 Clubsport startenden Etienne Ploenes, denn er fuhr auf den sagenhaften Platz 4 in der Gesamtwertung und liess gewaltig aufhorchen.
Sprintrennen 1 – Im Nassen schlägt die Stunde der „Kleinen“
In Rennen 1 fuhr der Monza Garage LMP3 zunächst vornweg, konnte aber vom Bullitt Aston geschnappt werden, welcher sich auch den Gesamtsieg sicherte.
Noch in der ersten Runde dreht sich einer der Radicals aus dem erstmals mit am Start befindlichen „Nevada Cup“, einer Serie, die ausschliesslich aus Radical und weiteren Prototypen besteht, und verursacht die erste von zwei Safety Car Phasen, welche das Feld wieder zusammenschob. Der Restart gelang reibungslos.
„Quick Gaby“ fuhr unterdessen munter ihren Strich und liess sich den souveränen Sieg in der Klasse GTS nicht nehmen. Einzig Daniel Drexel, der auf dem Razoon KTM XBOW GT4 gewaltig angaste, konnte ihr nahekommen. Zum Duell kam es indes nicht, denn er rollte zwei Runden vor Rennende aus. Jilkova liess ausser den Prototypen sowie den beiden Cup-Porsches von Andreas Sczepansky (Kurt Ecke Motorsport) und Ulrich Ziegler (HP Racing) niemanden an sich vorbei. Bravouröse Vorstellung!
Ähnlich überlegen zeigte sich übrigens Marcel Marchewicz im BMW M2 CS Racing von Schnitzelalm. Er kam unmittelbar hinter Jilkova und Ploenes ins Ziel und liess somit bis auf die zwei schnellsten alle GT4 hinter sich und zementierte somit seinen Titelanspruch. Der härteste Konkurrent, BMW Spain, schickte unterdessen Nerea Martí ins Rennen, die sich auf P12 gesamt ebenfalls als Regenqueen erwies.
Sehr gut zu gefallen wusste auch Uwe Lauer auf seinem Die Biermacher.Racing Ferrari 488 GT3. Er kam im Nassen immer besser zurecht und konnte sich P2 in der GTR Klasse schnappen.
Die am stärksten besetzte Klasse war übrigens einmal mehr die sog. „Cup S“. Hier tummeln sich Cayman GT4 Clubsport, die ansonsten im nationalen und internationalen Motorsport kaum noch Betätigungsfelder finden, in der GTWS jedoch ihre eigene Startklasse finden. Harry Verkerk zeigt, dass man mit einem nicht mehr ganz taufrischen Cayman vom Typ 981 in der Meisterschaft ordentlich mitmischen kann. Der besondere Punkteschlüssel der GTWS mit dem Ansatz der Chancengleichheit unter Berücksichtigung der Klassenstärke bringt ihn am Ende auf P5 der Meisterschaftstabelle. Ein Verdienst konstant guter Performance in einer Klasse mit hoher Leistungsdichte.
Sprintrennen 2 – Carrie Schreiner fährt im Trockenen nach vorn
Die Sonne ist zurück in Spanien – und mit ihr die Chance auf ganz besondere Aufholjagden. Das hatte sich auch Carrie Schreiner zum Ziel gesetzt, die zusammen mit dem DTM-erfahrenen Peter Terting auf dem brandneu erworbenen Schnitzelalm Racing AMG GT3 antrat. Sie mussten wegen eines Fahrzeugwechsels Sprint 2 vom Ende des Feldes aus angehen, was Carrie aber nicht daran hinderte, durchs gesamte Feld zu pflügen und ihren Renner auf P3 gesamt und somit P1 der Klasse GTR (vor dem Biermacher Ferrari und dem Bullitt Aston) abzustellen. Das war sehenswert!
Beim Start schob sich übrigens Manuel Teixera im optisch halb so gross wirkenden Radical SR8 an seinem Bruder Antonio im LMP3 vorbei. Die Freude währte nicht lange, denn Manuel kam von der Linie ab und musste Bruderherz wieder passieren lassen. Dieser setzte sich fortwährend vom Feld ab, sein Sieg war zu keiner Zeit gefährdet.
In der Cup R Klasse zeigte Andreas Sczepansky, dass seine Rennerfahrung aus dem deutschen Carrera Cup Spuren hinterlassen hat. Er holt sich den Klassensieg vor dem bekannt schnellen David Assfalg (HP Racing 991 Cup) und Matthias Karlowski (Classic & Speed 991 Cup). Ralf Schuchmann machte abermals das Cup R Feld bunt und lief auf dem guten vierten Platz in der Cup R ein. In puncto Motorsound gewann sein von Die Biermacher.Racing eingesetzter Ferrari 458 Challenge ohnehin die Gesamtwertung.
Daniel Drexel holte im Sprint 2 das nach, was er im Nassen wegen eines Defekts nicht umsetzen konnte. Mit P3 sollte er auf seinem KTM sehr zufrieden sein.
Abermals spannend zeigte sich die Cup S Klasse. Zum Schluss war es einmal mehr der Name Teixeira, der dominierte, denn während sich die Söhne schnelle Rundenzeiten auf Prototypen um die Ohren schlugen, pilotierte der Daddy (Antonio sr.) einen Cayman 981 GT4 und gewann nach vielen Kämpfen seine Klasse vor dem RFF-Racing Cayman (Patrick van den Berg) und Andrius Zemaitis im Pro GT Motorsport Cayman 981.
Endurance mit Meisterschaftsentscheidung – Schnitzelalm Racing holt die Krone
Bei der Endurance entscheidet der Durchschnittswert der schnellsten Runden aus beiden Zeittrainings über die Startaufstellung. Hier drohte Feindkontakt im 45 minütigen Rennen, denn die beiden Meisterschaftsführenden, Schnitzelalm Racing und BMW Spain, standen direkt hintereinander. Im Rennen zeigten aber beide ihre Professionalität und ausnahmslos faire Kämpfe. Am Ende siegten Marchewicz/Sander nicht nur in der Endurance, sondern auch in der Gesamttabelle. Aber nicht, ohne vorher durch einen P11 im Gesamten und inmitten vieler GT4 ihre fahrerische Klasse zu demonstrieren. Glückwunsch!
Das ZvO-Duo Haub und Jilkova hatten bis zum Schluss Hoffnung, lachende Dritte zu sein und doch noch die Meisterschaft zu holen, denn sie schoben sich durch konstante Saisonleistungen auf P3 der Meisterschaftstabelle und hatten bis zur Endurance vitale Chancen auf den Titel – allerdings nur, wenn sich die beiden BMWs gegenseitig abräumen würden, was wie erwähnt nicht passiert ist. So blieb für sie in der Tabelle ein P3 und der Sieg in der GTS-Klasse, was man nicht anders als einen grossen Erfolg bezeichnen kann.
Erneut von hinten gestartet und erneut zum Klassensieg fuhren Schreiner/Terting. Und das, obwohl die Rennleitung durch einen technischen Fehler die Boxenampel ausgerechnet während des blitzsauberen Boxenstopps von Schnitzelalm Racing auf rot stehen hatte, was die Truppe erheblich Zeit kostete, letztlich aber nicht am Siegen hinderte.
Schier unglaubliches hat Lena Knötzl geleistet. Sie fuhr in Barcelona ihr allererstes Rennen überhaupt und konnte gemeinsam mit Teamkollege Andreas Mayrl im MS Racing Cayman 718 prompt die Endurance gewinnen. Das Glück darüber war ihr ins Gesicht geschrieben. Überhaupt war die Quote an schnellen Frauen bei der GTWS in Barcelona auffallend hoch.
Eine besondere Duftmarke hinterliess Ulrich Ziegler, denn er fuhr mit seinem 991 Cup ganz vorn im Gesamtfeld mit und liess etliche GT3 hinter sich, bevor er an David Assfalg übergab und beide zum Schluss die Klasse gewannen.
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