Im Interview blickt Sophia Flörsch auf ihre Debütsaison in der DTM zurück. Sie spricht von ihrem Saisonhighlight und erläutert, warum sie mit ABT Sportsline getrennte Wege geht. Zudem erklärt sie, unter welchen Bedingungen sie in die Rennserie zurückkehren wird.

Du hast die DTM-Saison auf der 18. Position in der Gesamtwertung beendet, wie zufrieden bist du mit dem Saisonverlauf?

Nachdem Technikprobleme in den ersten Veranstaltungen mir den Einstieg nicht leicht gemacht haben und ich wegen den 24h von Le Mans die zwei Rennen am Nürburgring auslassen musste, sowie das Thema BoP eine Story für sich ist, interessiert mich mein Gesamtergebnis nicht wirklich. Mein Streben war aus dem vorhandenen Material das Beste rauszuholen. Am Hockenheimring und am Norisring lag ich immerhin vor einem Formel E-Weltmeister, der mit einem ähnlichen Auto unterwegs war. Wir können das Auto nahe an 100% bringen, aber eben nicht zaubern. Die DTM war das ganze Jahr über mega eng, da braucht es alle Performancefaktoren am Limit, weil Kleinigkeiten über Zehntel entscheiden. Top sortiertes Material, klare Rennstrategie auf Sieg und den Fahrer. Plus – wie man am Finale gesehen hat – unter Umständen auch Markenkollegen, die für einen fahren. Alleine als Beiwerk in einem Team gibt es nur den Blumentopf.

Was war dein persönliches Highlight in der 2021er DTM-Saison?

Die Rennen am Norisring. Nur dort reichte die Performance meines Pakets, um in der DTM-Meute mitzufahren. Der Zweikampf mit Marco Wittmann machte richtig Spaß. Das sind die unersetzlichen Glücksmomente im Rennwagen.

Wo es Höhepunkte gibt, gibt es auch Tiefpunkte: Was war dein Tiefpunkt in der 2021er DTM-Saison?

Das waren die Probleme in den Rennen bis einschließlich Zolder. Oder wenn die Reifenstrategie so daneben geht, dass du ohne jede Chance durchgereicht wirst, schiebt man mächtig Frust hinter dem Steuer.

Zum Rennwochenende auf dem Red Bull Ring bist du von Steer-by-wire zur konventionellen Lenkung gewechselt. Hat dir persönlich dies geholfen? Wie stark unterscheidet sich die Fahrweise des Audi R8 LMS GT3 mit den beiden Lenksystemen?

Das Steer-by-wire System ist eine tolle Zukunftstechnologie, die wie ich in der DTM-Saison 2021 die ersten Erfahrungen machte. Es ist sicher ein 100% straßentaugliches Lenksystem. Die letzten Zehntel auf der Rennstrecke braucht es auf der Straße Gott sei Dank nicht. Man kann es mit ABS-Systemen vergleichen: Auch dort gibt es ein Renn-ABS und ein Straßen-ABS. Dass der R8 tendenziell ein eher nervöser, sehr agil reagierender Rennwagen ist, macht es dabei nicht leichter. Das Lenkgefühl ist ähnlich dem in hochprofessionellen Simulatoren. Kommt man damit zurecht und adaptiert seinen Fahrstil entsprechend, ist das Auto sehr schnell. Für mich war beides neu: der R8 GT3 und die Lenkung. In dieser Kombination vielleicht etwas zu viel neues.

In Social Media hast du zuletzt einige Andeutungen gemacht, dass du 2022 nicht mehr für ABT Sportsline in der DTM starten wirst? Kanns du das bestätigen und was sind die Gründe dafür?

Als ich die Zusammenarbeit mit ABT begann, war meine Erwartungshaltung sehr hoch. Ich wollte auf Augenhöhe mit Kelvin und Mike kämpfen. Das geht aber nur bei gleichem Material. Ingenieure und Mechaniker sind top, das ist eine tolle Truppe. Mike ist nun auch weg. Diese Menschen werde ich vermissen. Mein Anspruch ist, gleichwertig zu Teamkollegen gesetzt zu werden. Das war nicht der Fall. Nur als Frau mitzufahren, das bin ich nicht.

Ist die DTM, trotz der Trennung mit ABT, weiterhin eine Karriereoption für dich?

Sollte sich die DTM dahin entwickeln, dass die Fahrer die Teambudgets für den Einsatz eines GT3 finanzieren müssen, wäre es nicht mehr mein Focus. Der Profistatus muss meiner Meinung nach erhalten bleiben. Wo willst du als GT3 Fahrer noch hin aufsteigen, um als Profi Geld zu verdienen? Pay-GT3-Serien gibt es genug. Als Rennserie und als Event finde ich die DTM großartig. Die DTM ist gelungenes Motorsportentertainment. Am meistens würde ich die tollen Fans in Deutschland vermissen. Menschen zu begeistern, junge Fans zum Motorsport zurückzubringen und natürlich auch Frauen und Mädchen gezielt anzusprechen… das macht mir mindestens genauso viel Freude, wie das Rennen selbst. Bekomme ich ein wettbewerbsfähiges Auto, bin ich 2022 wieder in der DTM.

Zudem warst du auch 2021 im LMP2-Sport aktiv, wie schwer fiel dir die Umgewöhnung zwischen den beiden Fahrzeugen?

Das adaptiert man mit der Zeit sehr gut. Anfänglich viel es mir nicht leicht, die Unterschiede im Speed, im Downforce, den Carbon-Bremsen ohne ABS und dem Gewicht sofort umzusetzen. Zuletzt hatte ich es nach wenigen Runden raus. Meiner Meinung nach ist es gut machbar. Liam machte eine ähnliche Erfahrung, er switchte ja zwischen Formel 2 und GT3. Ein Formel 2 und ein LMP2 sind vom Speed und den Fahreigenschaften vergleichbar.

Was bereitet dir persönlich mehr Freude? Die Sprintrennen im GT3-Fahrzeug, oder die Langstreckenrennen im Prototypen? Oder ist dir das persönlich relativ egal, da dir jede Form von Motorsport viel Spaß bereitet?

Der Spaßfaktor ist bei beiden Serien der gleich hoch. Beides sind in ihrer Klasse hochentwickelte Rennautos. Rennen fahren ist immer big fun. Es ist mein Leben. Der LMP2 ist mehr Rennwagen und schwieriger zu fahren. Da bis du als Fahrer mehr gefragt. Der GT3 nimmt dem Fahrer ja viele Erfolgsfaktoren ab: ABS und Traktionskontrolle sind Fahrhilfen, das Gewicht macht das Auto träge. Trotzdem ist eine hohe Kunst, einen GT3 am Limit zu bewegen. Nur halt eben anders.

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