Der ehemalige Rennfahrer Markus Gedlich ist Geschäftsführer von Gedlich Racing, einem der führenden Anbieter von Trackdays. Wir sprachen mit ihm darüber, wie Trackdays bereits ab Mai eine rettende Umsatzbasis für Rennteams sein können und was er für Zukunftsvisionen im Trackdaybereich hat. Zudem erläutert Gedlich, wie Teams über Endless Summer Trackdays im Winter weiterhin stabile wirtschaftliche Einnahmen generieren können.
Inwiefern habt Ihr, was Eure Trackdays angeht, letzten Winter bzw. diesen Sommer unter der Corona-Krise zu leiden? Ihr habt ja ein Winter-Programm namens Endless Summer Ascari, das zeitlich bis in die Krise hineinreichte. Und ab April sollte die deutsche Trackday-Saison starten.
Endless Summer war nicht betroffen. Wir konnten alles ganz normal durchführen. Lediglich zwei italienische Kunden durften nicht nach Barcelona einreisen. Ansonsten kamen wir optimal durch. Die deutsche Saison liegt natürlich derzeit auf Eis, wie alles, was mit Freizeit und Sport zu tun hat. Wir haben unseren Trackday am Bilster Berg im April absagen müssen. Nun warten wir, inwieweit die Situation für Freizeitaktivitäten durch die Politik entspannt wird und hoffen auf einen baldigen Start der Trackday-Saison.
Im Idealfall werden Trackdays noch vor Rennveranstaltungen erlaubt werden – wie ist dabei der aktuelle Stand? Wann geht es vermutlich wieder los mit Trackdays?
Da wir keine Grossveranstaltungen machen, sind wir optimistisch, dass wir unsere Events im Mai durchführen können. Wir starten am 7. Mai mit Trackdays am Sachsenring und auf der Nürburgring-Sprintstrecke. Unsere Kunden buchen sich weiterhin bei uns ein, man also sieht deutlich: sie wollen unbedingt fahren. Wir haben unterdessen ein Massnahmenpaket erarbeitet, mit dem wir Trackdays durchführen können und dennoch alle Auflagen erfüllen, wenn sie denn kommen. Wir müssen nun abwarten, was der Gesetzgeber sagt und dann reagieren. Wir sind dafür gerüstet.
Wie können Trackdays in der jetzigen Zeit als rettende Umsatzbasis für Rennteams dienen, die schwer von Rennabsagen und -verschiebungen gebeutelt sind?
Trackdays sind für Teams und Fahrer eine sehr gute Alternative. Sie sind logistisch meist sehr viel unkomplizierter abzuwickeln als Rennen und bieten den Fahrern mehr Fahrzeit. Für die Teams bedeutet dies ähnliche Umsätze mit weniger Aufwand. Ausserdem ist das Unfallrisiko bei Trackdays deutlich geringer, was wiederum für die Versicherungsquoten der Teams gut ist.
Teams brauchen für die Vorbereitung auf die Rennsaison, die hoffentlich ab Sommer startet, gute Testmöglichkeiten. Geht das denn im Rahmen eines Trackdays überhaupt?
Bei uns schon. Wir haben unseren Team-Kunden und unseren Amateur-Fahrern genau zugehört und aufgrund der Rückmeldungen ein Veranstaltungsformat ins Leben gerufen, das beiden Zielgruppen optimal gerecht wird. Das Format heisst „Street/Race – Trackday“. Der Clou ist, dass wir in zwei Startgruppen fahren, die im 45 min. Takt wechseln und unterschiedlich aufgestellt sind.
In der Street Gruppe fahren ausschliesslich strassenzugelassene Autos unter Trackday-Bedingungen und ohne die Absicht, eine Bestzeit zu erzielen. Es herrschen Voraussetzungen wie bei einem sportlichen Fahrsicherheitstraining, viel Rücksichtnahme und in vielen Fällen sogar der Erhalt der Strassen-Versicherung.
In der Race-Gruppe hingegen tummeln sich ausschliesslich Rennautos oder sehr schnelle Strassenautos mit Semislicks. Die Anzahl ist auf 25 Autos limitiert und es herrschen Rennbedingungen. Dadurch können Motorsportteams perfekt auf Performance testen, Qualifying- und Longrun- Simulationen durchführen und alle Aspekte echten Racings einbauen. Die Teilnehmer werden untereinander enthaftet. Dieser Modus ist optimal für Teams und deren Fahrer und somit unser Beitrag dazu, dass Teams ihre entgangenen Einsätze nachholen können.
Street/Race – Trackdays sind bei allen unseren Trackdays am Hockenheimring und der Nürburgring Sprintstrecke verfügbar.
Hast du weitere Ideen für den zukünftigen Ausbau eurer Trackday-Veranstaltungsserien?
Natürlich planen wir stets weiter in die Zukunft. Unser Ziel ist vor allem, unseren Kunden die besten Strecken und dort die besten Bedingungen anbieten zu können. Im Moment stehen wir mit weiteren, besonders attraktiven Strecken in Verbindung, die wir für 2021 anpeilen. Red Bull Ring, Spa und Zandvoort stehen bei uns auf der Liste. Letztere ist jedoch sehr kritisch, was Geräuschvorschriften angeht. Da kann man nur mit ganz leisen Autos fahren.
Die besten Bedingungen – und das könnte auch vom Timing her perfekt passen – sind unsere Endless Summer® Ascari Trackdays im Winter in Spanien. Diese Serie läuft bereits im zehnten Jahr und wir bauen sie weiter aus. Für kommende Saison haben wir schon vieles vorbereitet.
Das klingt spannend. Was unterscheidet Endless Summer Trackdays von deutschen Trackdays?
Es ist mit Abstand die beste Trackday-Serie in Europa. Ich würde sogar sagen weltweit. Wir fahren bei insgesamt 26 Trackdays auf sieben verschiedenen Strecken. Alles Top-Strecken in Spanien, Portugal und Frankreich: Ascari, Portimao, Estoril, Almería, Aragón, Barcelona und Paul Ricard. Zudem bieten wir einen Service, den selbst Rennserien nicht liefern können. Dadurch, dass viele Rennteams mit dabei sind, können wir deren Autos zur Anmietung anbieten. Wo sonst gibt es die Option, 50 verschiedene Rennautos anzumieten? Für die Teams ist das super, weil wir denen unsere Kunden vermitteln. Für unsere Kunden ist die Auswahl toll – win-win!
Die Trackdays sind alles Doppeltage, sodass sich die Anreise nach Spanien oder Portugal lohnt. Ausserdem sind die Termine so organisiert, dass man mit einer Anreise mehrere Locations mitnehmen kann, wir nennen das Raceweek. Für die Teams bedeutet das überschaubare Logistik, für die Fahrer eine fabelhafte Abwechslung. Wo sonst kann man drei der geilsten Strecken Europas hintereinander fahren?
Wie können Teams davon profitieren und ihre Verluste des Sommers ausgleichen?
Wir haben für die Teams besondere Partnerprogramme. Teams können sich auf unserer Plattform darstellen. Dazu haben wir ein eigenes Magazin, eine eigene Web-Plattform, Newsletter usw. Wir helfen den Teams bei der Vermarktung der Trackdays. Das hat sich für die bestehenden Teamkunden so etabliert, dass sie bei Endless Summer wirtschaftlich meist besser dastehen als bei einer ganzen Saison einer Rennserie. Jedes Jahr kommen neue Teams und Partner dazu, die von dieser etablierten Plattform profitieren wollen.
Die Idee klingt spannend. Warum soll Racing immer nur im Sommer stattfinden? So können Teams ihre Saison mehr verteilen. Und gerade in Zeiten von Corona kann man dadurch einiges abpuffern.
Exakt. Wir haben festgestellt, dass die Teams im Sommer Vollgas zu tun haben und teilweise durch Überschneidung mehrerer Rennserien gar nicht wissen, wie sie das personell gestemmt bekommen sollen. Im Winter hingegen fallen sie dann in ein Loch, auch wirtschaftlich. Mit den Endless Summer Trackdays können sie eine zweite Hauptsaison einläuten und ihre Autos weiter auslasten. Wir bereiten ihnen die Plattform und stellen logistische Voraussetzungen wie Parkmöglichkeiten für Rennautos und Trucks, Hotelkontingente usw., sodass die Teams in Ruhe ihren eigentlichen Job machen können. Davon profitieren auch die Fahrer, denn so läuft es vor Ort reibungslos ab.
Aus Sicht des Fahrers gesprochen, wie kann man den Vergleich ziehen: Racing im Sommer, Trackdays im Sommer und Endless Summer?
Racer wollen racen – die Jahreszeit spielt dabei gar keine so grosse Rolle. Viel wichtiger sind die Strecken und die Bedingungen. Im Sommer geht das in Deutschland oder Mitteleuropa prima. Aber im Winter auf diesen fabelhaften Strecken fahren zu können, ist ein noch viel grösseres Privileg, denn zu dieser Zeit geht das in Mitteleuropa einfach nicht. Das gibt dem Ganzen einen ganz anderen Anstrich. Endless Summer ist Racing, aber es heisst auch, zusammenzukommen und gemeinsam mit anderen Racern eine gute Zeit zu verbringen. Das hebt es nochmal deutlich vom herkömmlichen Racing ab. Südländischer Lebensstil und entspannte Veranstaltungen – das macht es aus.
Und wenn ein Racer über den Trackday hinaus auch vollwertige Rennen fahren will – geht das bei Euch auch?
Seit letzter Saison schon, mit der GT Winter Series. Wir haben eine eigene Rennserie ins Leben gerufen, die echtes Racing im Winter bietet. Der Clou: diese ist so in die Endless Summer Trackdays eingebettet, dass Teams und Fahrer beides machen können. Pro Event fährt man Qualifying und zwei Sprintrennen. Und wenn man möchte, im selben Event die Endless Summer Trackdays. Diese Freiheit ist gigantisch. Man fährt Rennen und geniesst dennoch die Entspanntheit und bis zu 12 Stunden Fahrzeit der Trackdays. Mehr geht nicht.
Darüber berichten wir in Kürze in einem separaten Interview mit der Projektleitung der GT Winter Series.
Weitere Informationen zu den Gedlich Racing-Trackdays erhaltet ihr auf der Webseite.
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