Im Rahmen des 24h-Rennens auf dem Nürburgring präsentierte die Schaeffler Paravan Technologie GmbH & Co. KG einen Audi R8 LMS mit „Steer-by-Wire“-Technologie. Es ist das erste Rennfahrzeug, welches ohne Lenksäule auskommt. Der Testträger ist offiziell vom DMSB zugelassen.

Die Schaeffler Paravan Technologie GmbH & Co. KG präsentierte im Rahmen des 24h-Rennens auf dem Nürburgring einen Audi R8 LMS mit der „Steer-by-Wire“-Technologie „Space Drive“. Das Joint Venture Schaeffler Paravan wurde im August 2018 gegründet, während Paravan bereits seit 1997 an der „Space Drive“-Technologie arbeitet. Das Unternehmen hat derzeit 50 Mitarbeiter. Das Hauptaugenmerk des Joint Ventures liegt an der Weiterentwicklung von „Space Drive“ für den Großserieneinsatz. Dazu arbeitet das Joint Venture an Mobilitätskonzepten wie dem Mover beziehungsweise speziellen Mover-Bauteilen.

Mover werden in der Stadt von morgen eine zentrale Rolle für den Cargo- und Personentransport darstellen. Der Verkehr wird autonom, vernetzt, elektrifiziert und intermodal sein. Schaeffler-Paravan entwickelt Mover-Konzepte und Mover-Bauteile sowie mit der „Space Drive“-Technologie zentrale Schlüsselkomponente für das autonome Fahren weiter. „Space Drive“ ist bereits heute für „teil“-autonome Fahrfunktionen verfügbar und vorbereitet für Level vier und fünf.

„Space Drive“ wird seit über 17 Jahren erfolgreich in Fahrzeugen verbaut. Haupteinsatzgebiet sind individualisierte, behindertengerechte Fahrzeugumbauten. „Space Drive“ ist ein perfekt aufeinander abgestimmtes Drive-by-Wire/Steer-by-Wire-System (Hardware und Software) mit revolutionär neuem Sicherheitskonzept. Das System ist international straßenzugelassen und hat bereits mehr als eine Milliarde gefahrenen Kilometer ausfallfrei absolviert. Tausende Systeme wurden seit 2001 verkauft.

Anwendungsmöglichkeiten:

  • Keine mechanische Verbindung zum Lenkgetriebe -> keine Lenksäule notwendig
  • Individuelle Eingabegeräte wie Joystick, Force-Feedback-Lenkrad (Rechts-Links-Lenkung, Position flexibel im Auto gestaltbar), Smartphone-App etc.
  • Schnittstelle für ADAS-Prozessoren und GPS-Signale, direkte Übertragung auf Lenkservomotor und Lenkgetriebe
  • Neue Einstiegs- und Innenraumkonzepte
  • Technologische Basis für die industrielle Großserie für OEMs (per Plug-and-Play)
  • Individuelle Lösungen durch anpassbare Software für Showcars und Testfahrzeuge und spezielle Anwendungen
  • Parametrisierbar je nach Anwendung und skalierbare Redundanz

Grundlage für…

  • Wegfall der Lenksäule
  • autonome People-Mover-Anwendungen
  • Drive-by-Wire-Systeme in der Behindertenmobilität
  • Flottenfahrzeuge, skalierbar hintereinander
  • Militärische Anwendungen im humanitären

Steer-by-Wire im Motorsport:

Der von Schaeffler Paravan entwickelte Audi R8 LMS ist das erste offizielle Rennfahrzeug mit der Steer-by-Wire-Technologie. Das Fahrzeug wurde vom DMSB zugelassen. Im Fahrzeug ist ein „Space Drive“-Technologieträger zu Belastungs- und Testzwecken verbaut. Das Ziel ist die Industrialisierung des Systems.

Das Renndebüt feierte das System beim Schaeffler Paravan Race Weekend auf dem Nürburgring. Phoenix Racing setzte das Auto ein und Audi-Werksfahrer Markus Winkelhock fuhr den Wagen. Das Fahrzeug fuhr bei der Veranstaltung in der Woche vor dem 24h-Rennen in der Eifel außerhalb der Wertung. Winkelhock nahm an allen Sitzungen der DMV GTC und dem Dunlop60 bei der Veranstaltung teil, musste aber zum Beispiel die Rennen vom letzten Startplatz aufnehmen und wurde in keiner Ergebnisliste geführt. Trotzdem war das Team von Schaeffler Paravan mit der Leistung von Winkelhock zufrieden. Im Dunlop60 fuhr der Audi-Werksfahrer, trotz Reifenproblemen, auf die neunte Position nach vorne. In den beiden 30-minütigen Sprintrennen der DMV GTC erreichte Winkelhock die Positionen fünf bzw. vier.

Vor dem Start des 24h-Rennens auf dem Nürburgring wird das Fahrzeug eine Demorunde um die Nordschleife drehen. Das Fahrzeug setzt sich im 13:30 Uhr in Bewegung. Es sind weitere Tests und Teilnahmen im realen Rennbetrieb geplant um das System weiterzuentwickeln. Der nächste Renneinsatz ist für den 5. und 6. Juli geplant, wo das Fahrzeug im Rahmen der DMV GTC in Hockenheim starten wird.

Präsentation Audi R8 LMS mit "Steer-by-Wire"-Technologie
Foto: Stefan Schneider

Bei dem Testträger handelt es sich um den ersten vom DMSB zugelassenen Steer-by-Wire-Rennwagen. Die Lenksäule wurde komplett entfernt. Der Aktuator sitzt auf dem Lenkgetriebe. Das Fahrzeug wurde für die zukünftige Weiterentwicklung und Industrialisierung des Space-Drive-Systems konzipiert und ist mit der neusten Steer-by-Wire-Technologie SpaceDrive II ausgestattet. Ziel ist im Rennbetrieb das System extremen Belastungen auszusetzen, um wichtige Rückschlüsse auf eventuelle technische Verbesserungen zu erhalten. Das Lenksystem hat keine Lenksäule und funktioniert mit der Force-Feedback-Lenkeinheit bei Erhalt aller ursprünglichen Funktionen. Zusätzlich lässt sich per Knopfdruck das System durch ein 4-Wege-Joystick lenken, dass sich in der Mittelkonsole befindet.

Nach dem Auftritt bei der DMV GTC lobte Markus Winkelhock die „Space Drive“-Lenkung als „Unglaublich schnell, unglaublich präzise“.

Präsentation Audi R8 LMS mit "Steer-by-Wire"-Technologie
Foto: Stefan Schneider

DMV-GTC-Organisator Ralph Monschauer erklärte bei der Präsentation des Systems den Zeitrahmen in der die Entwicklung des Audi R8 LMS mit Steer-by-Wire-Lenkung stattfand. Paravan-Geschäftsführer und -Gründer Roland Arnold sprach Monschauer erstmals im Frühjahr 2018 auf die Idee an. Im Juli 2018 wurden die Pläne konkreter und beide Seiten arbeiteten von nun an gemeinsam an der Idee, dass ein Fahrzeug mit Steer-by-Wire-Lenkung in der DMV GTC starten wird. Im Januar 2019 stellte Ralph Monschauer einen Antrag beim DMSB, damit ein Fahrzeug mit der Lenkung in der Serie starten darf. Das Antragsverfahren dauerte einige Monate, ehe genau eine Woche vor dem ersten Rennen das Fahrzeug vom DMSB technisch untersucht wurde und das Urteil „sehr gut“ bekam. Diese Entscheidung öffnete die Tür für den Renneinsatz in der Eifel. Am Mittwoch vor dem Rennwochenende gab der DMSB die endgültige Startgenehmigung für den Wagen. Die Startgenehmigung gilt ausschließlich für die DMV GTC, in anderen Serien ist der Wagen nicht startberechtigt.

Alle Artikel zu den Themen: