Der Belgier Laurens Vanthoor ist Werksfahrer bei Porsche. Sein Hauptprogramm liegt in der Amerikanischen IMSA WeatherTech SportsCar Championship, wo er sich einen Porsche 911 RSR mit Earl Bamber teilt, zudem startet er auch immer wieder in der VLN.

Wir unterhielten uns mit Laurens Vanthoor:

Dein Hauptprogramm ist in diesem Jahr die IMSA WeatherTech SportsCar Championship, wo du dir mit Earl Bamber einen Porsche 911 RSR teilst. Wie zufrieden bist du mit dem Abschneiden und dem Speed in den bisherigen Saisonrennen?

Bis jetzt bin ich zufrieden. In Daytona war es sehr schade, denn wir waren im trockenen echt extrem gut aber dann haben wir uns im Regen echt schwergetan. Da haben wir, glaube ich, das Rennen verloren, wobei das im Nachhinein immer einfach ist zu sagen. Der dritte Platz war trotz der schweren Bedingungen nicht schlecht. In Sebring haben wir taktische Fehler gemacht, was uns letztendlich eine Runde gekostet hat, die wir im Endeffekt auch nie wieder rausgeholt haben. Aber das Potential ist eigentlich immer da. Das hat sich auch jetzt wieder gezeigt in Long Beach, wo wir gewonnen haben. Wir führen jetzt in der Meisterschaft, beschweren können wir uns jetzt natürlich nicht. Die Performance vom Auto ist momentan sehr gut. Wir haben in diesem Jahr andere Reifen, die scheinen uns echt gut zu liegen. Wir haben auch neue Ingenieure in diesem Jahr. Ich bin ziemlich optimistisch für das restliche Jahr.

Was sind deine Ziele im weiteren Saisonverlauf in der IMSA-Meisterschaft?

Ziel ist es ganz klar die Meisterschaft zu gewinnen. Das ist jetzt das dritte Jahr in Amerika. Letztes Jahr haben wir eine Weile geführt, aber dann am Ende haben wir uns wieder etwas schwerer getan.

Laut euren Storys bei Instagram scheinst du dich mit Earl Bamber sehr gut zu verstehen – wie wichtig ist es, eine gute Beziehung mit dem Teamkollegen zu haben?

Ja, mit Earl verstehe ich mich wirklich gut, wir haben viel Spaß miteinander. Wir sehen uns auch sehr oft, ich glaube, ich sehe ihn manchmal mehr als meine Frau. Von daher ist es auch sehr wichtig gut miteinander klarzukommen. Aber wir haben uns eigentlich von Anfang an ziemlich schnell gut verstanden. Wir hatten schon vorher viel Respekt voreinander. Es gibt kein Ego zwischen uns, wir haben Respekt voreinander. Wir freuen uns auch füreinander, wenn der eine mal schneller ist. Es gibt eine gesunde Competition zwischen uns beiden, klar möchte ich schneller sein als Earl und er wahrscheinlich als ich. Wir versuchen dann auch zusammen dran zu arbeiten und uns gegenseitig zu verbessern. Manchmal hat man Teamkollegen wo so etwas gar nicht klappt, das macht eine Saison anstrengender und komplizierter, auch für das Team. Das ist nun einmal so. Auf der Welt gibt es Leute mit denen man sich verstehen und auch nicht. Zum Glück ist es mit Earl echt super. Ich sehe ihn auch oft Privat, wenn er mal in Stuttgart ist, kommt er mal zum Essen oder ich zu ihm.

Bevor du 2017 zu Porsche und in die IMSA-Meisterschaft gewechselt bist, warst du fast ausschließlich im europäischen GT-Sport aktiv. Wie stark unterscheidet sich der Sport und die gesamte Fankultur in den USA im Vergleich zu hier?

Ich war immer schon sehr gerne in Amerika. Mich hat es eigentlich schon immer sehr interessiert Rennen in Amerika zu fahren. Audi habe ich früher mehrmals gefragt, da hat sich die Möglichkeit eigentlich nie wirklich ergeben. Bei Porsche hat man mich gefragt ob ich lieber in Amerika fahren würde oder die WEC. Da habe ich mich dann ganz klar für Amerika entschieden. Ich persönlich finde die Art von Rennen fahren in Amerika cooler und natürlicher. Es gibt weniger kleine blöde Regeln, die es oft in Europa gibt. Zum Beispiel wenn du bei der Boxenausfahrt mit Wheelspin und Rauch rausfährst kriegt man einen Applaus vom Rennleiter, wenn du das in Europa macht bekommst du eine Penalty. Es gibt kein Full-Course Yellow, es wird nicht gleich bestraft, wenn man sich berührt. Auch die Strecken haben keine Auslaufzonen, es sind keine Formel 1-Strecken. Die Strecken sind alt und haben Bodenwellen, wie zum Beispiel Sebring. Neben dem Asphalt gibt es Gras und dann eine Mauer, das macht es viel natürlicher. Auch die Fans in Amerika sind sehr anders wie in Europa. Sie sind sehr interessiert und es kommen auch sehr viele Fans an die Rennstrecken. Mir gefällt die Art wie es in Amerika abläuft. Gleichzeitig habe ich dort sehr viel Spaß. Das einzige was ein bisschen schade ist, dass man die Rennen aus Europa sehr schwer verfolgen kann. Ich spüre schon das ich weit weg bin und nicht alle bekommen mit was hier in Amerika so passiert oder auch andersrum. Das ist halt so.

Fans auf dem gesamten Globus lieben den Sound des Porsche 911 RSR, ist dieser auch für dich als Piloten des Fahrzeugs etwas Besonderes?

Wenn wir im Auto sitzen hören wir das gar nicht so arg. Wir haben vor ein oder zwei Jahren auf den Auspuff gewechselt wegen irgendeinem Sicherheitsgrund. Ich war einer der Ersten, der es ausprobieren durfte. Sofort hatte man den Eindruck, dass man 50 PS mehr hat, nur wegen dem Sound. Es ist schon cooler und man gewöhnt sich auch unglaublich schnell dran.  Ich glaube, für die Fans in der ganzen Welt ist das mega. Wenn ich auf Social Media irgendein Video poste mit dem Sound vom RSR finden das sofort alle cool. Manche Kollegen finden es manchmal weniger cool, wenn wir am Testen sind. Aber das ist halt purer Motorsport. Brutaler Sound, ein Verbrennungsmotor ist halt das Gegenteil was heutzutage vorkommt, wie zum Beispiel die Formel E oder auch die Formel 1. Ich glaube, deswegen mögen die Fans sowas.

Du hast im „Grello“ von Manthey Racing den 1. VLN-Lauf des Jahres bestritten. In den vergangenen Wochen gab es hitzige Diskussionen um die Leistungsreduktion der GT3-Fahrzeuge auf der Nürburgring-Nordschleife. Was sind deine persönlichen Erfahrungen die du dazu sammeln konntest?

Ganz ehrlich ich habe die ganze Diskussion noch nicht wirklich verstanden.  Klar möchte ich auch mehr Leistung haben, je mehr je besser. Ich kann es einerseits verstehen, dass es vielleicht komplizierter ist andere Autos zu überholen aber ob das jetzt das ganze Drama wert war. Ich halte mich daraus. Im Endeffekt ist es für alle gleich und wenn die FIA und der DMSB mit dieser Lösung kommen werden sie schon einen Grund dafür haben. Das ist immer so mit neuen Regeln, manche mögen sie, manche nicht. Aber ich habe mich da gar nicht so mit befasst. Es ist so wie es ist und es ändert auch nichts an meinem Spaß am Nürburgring zu fahren.

Kannst du schon etwas zu deinem weiteren Rennprogramm in diesem Jahr in Europa sagen?

Hauptsächlich das Programm in Amerika. Das Nürburgring-Projekt besteht aus ein paar VLN Rennen und den 24 Stunden. Bei den 24 Stunden von Le Mans bin ich wieder dabei. Normalerweise werde ich bei den 24 Stunden von Spa auch wieder antreten. Das ist eigentlich genau das was ich machen wollte. Anfang des Jahres war es ein bisschen ruhiger, was nicht ganz so schlecht war da wir Anfang Januar ein Kind bekommen haben. Daher konnte ich öfter zuhause sein um meine Frau unterstützen und mich um das Kind zu kümmern.

Viele überraschte dein Wechsel von Audi zu Porsche zur Saison 2017. Wieso hattest du dich damals zum Markenwechsel entschieden?

Bei Audi habe ich meinen ersten Werksvertrag bekommen, war da auch sehr glücklich. Ich war viel mit WRT unterwegs, was ein bisschen meine zweite Familie war. Ich bin vier oder fünf Jahre im GT3 gefahren und mein Ziel war immer den LMP1 zu fahren. Das war mein nächstes Ziel in meiner Karriere. Ich glaube ich war auch sehr nah dran aber dann hat man aufgehört mit den LMP1, was natürlich sehr schade war. Ohne Arrogant klingen zu wollen, wir haben ungefähr alles gewonnen was es im GT3 gab, 24 Stunden Nürburgring, 24 Stunden Spa, Blancpain alle Meisterschaften und die Intercontinental GT Challenge. Da habe ich dann das Gefühl gehabt viel besser werde ich das hier nicht mehr machen und wenn ich mit in meiner Karriere noch weiter entwickeln will ist jetzt die Zeit gekommen irgendetwas anderes zu fahren. Und da kam die Möglichkeit mit Porsche, ein komplettes Werksprogramm. Die GTLM bei Porsche. Das war die Gelegenheit und für mich der nächste Schritt in meiner Karriere, ein Schritt nach oben. Neue Herausforderungen die ich auf mich aufgenommen habe und es bis jetzt noch nicht bereut habe. Natürlich war es nicht einfach am Anfang, es war schon eine große Änderung. Ich kam von WRT/Audi, was für mich eine Familie war. Die Leute waren auf meiner Hochzeit, das zeigt wie gut ich mich da gefühlt habe. Das komplett neue Umfeld, wo es die Leute nicht interessiert was du in deiner Vergangenheit erreicht hast, du musst dich komplett neu beweisen. Und das war für mich nicht einfach am Anfang, jetzt fühle ich mich aber wohl und bin froh, dass ich den nächsten Schritt gemacht habe.

Dein Bruder Dries ist Werksfahrer bei Audi. Ist es eine spezielle Motivation ihn zu schlagen, wenn ihr gemeinsam in einem Rennen fahrt? Und wie ist es mit ihm Rad-an-Rad auf der Strecke zu kämpfen?

Das ist schon ganz speziell, dass er auch Werksfahrer ist. Es gibt, glaube ich, nicht so viele Brüder die aus ihren Lieblingsbeschäftigungen ihren Beruf machen können. Es gibt auch Rennen in denen wir gegeneinander fahren, das ist schon ganz besonders. Wir haben uns bis jetzt im Rennen nur einmal auf der Strecke getroffen. In Bathurst war ich hinter ihm. Das war schon ganz komisch, ich hatte ein komisches Gefühl gehabt, da ich ihn kenne und das letzte was er will ist gegen den älteren Bruder zu verlieren, was ich auch verstehen kann. Aber in dem Moment waren wir einfach schneller und ich musste an ihm vorbei. Ich habe gedacht: Komm lass uns einfach vorbei, wir fahren Rennen und sind erst zwei Stunden gefahren, lass uns keinen Blödsinn machen. Als Bruder möchte keiner gegen den anderen aufgeben wollen, egal in was für einem Spiel. Wir haben immer bis zum letzten gegeneinander gekämpft. Letztendlich habe ich ihn überholt. In dem Moment als ich aus dem Auto komm war es schon etwas emotional. Es waren die 12 Stunden Bathurst ich habe meinen kleinen Bruder auf der Rennstrecke überholt in einem der größten GT-Rennen der Welt. Das ist schon sehr besonders. Für ihn ist es auch nicht immer einfach, weil er immer mit mir verglichen wird. Das nervt ihn ein bisschen, was ich auch echt verstehen kann. Aber wir sind ziemlich unterschiedliche Persönlichkeiten gerade auch unser Charakter. Wir verstehen uns allerdings super gut. Talent hat er unheimlich viel, was ich auch schon immer gesagt habe. Ich bin auch froh, dass er es geschafft hat das Talent zu zeigen. Jetzt sammelt er so langsam seine eigenen Erfolge und ich bin mal gespannt was er in Zukunft noch leisten kann. Ich hoffe, dass wir noch ein paar Mal irgendwelche Duelle zusammen haben.

Wer dir bei Instagram folgt wird automatisch mitbekommen, dass du sehr gerne mit dem Rennrad trainiert, ist dies die beste Trainingsmethode, deiner Meinung nach?

Vor vier oder fünf Jahren habe ich das gehasst. Bis ich meinen Unfall hatte in Misano wo ich mir die Hüfte gebrochen habe und lange nichts anderes machen konnte. Da bin ich auf Radfahren umgestiegen. Und jetzt laufe ich hier durch meine selbstgebaute Fahrradwerkstatt und es stehen hier fünf Stück. Ich fahre jeden Tag, bis jetzt habe ich in diesem Jahr schon 4500km und wir haben erst April. Ich fahre manchmal auch etwas zu viel vor den Rennen, aber mir macht das einfach unheimlich viel Spaß. Ich mache das natürlich um mich fit zu halten für die Rennen, aber das sind nur 50 Prozent der Grund. Die anderen 5o Prozent sind, weil es mir einfach Spaß macht – ich mag es einfach rauszugehen. Neulich bin ich in LA in den Malibu Hills fahren gewesen, das ist einfach mega schön. Auch viele Freunde aus meinem Umfeld fahren und meistens fahren wir dann zusammen. Auch bei Rennwochenenden fahre ich mit Oliver Gavin und Renger van der Zande, sogar Earl habe ich jetzt überreden können. Er hat von mir ein altes Rad gekauft und fängt jetzt auch an. Viele von meinen Freunden fahren in Amateur Radrennen mit. Ich trainiere immer, damit ich mit ihnen mithalten kann und auch mal den ein oder anderen schlage. Das macht mir dann Spaß. Das ist auch ein bisschen die gleiche Herausforderung wie beim Autorennen fahren, ich will halt immer in dem was ich tue der Beste sein. Im Radfahren fällt mir das natürlich schwerer, weil ich da deutlich weniger Talent hab. Es ist aber die gleiche Herausforderung, das motiviert mich dann zu trainieren. Ich bin auch schon ein paar Radrennen gefahren, was mir echt viel Spaß gemacht hat. Es gibt Ähnlichkeiten zum Autorennen fahren, manche Sachen sind hingegen wieder ganz anders. Das habe ich jetzt aber wieder gelassen, da ich im letzten Jahr einmal ordentlich gestürzt bin und das grad vor einem Rennen. Ich hatte meinen kleinen Finger gebrochen und ein paar Schürfwunden. Als ich dann im Auto war hatte ich zum Glück keine Probleme gehabt und bin auch gut gefahren. Ich habe dann auch keinen Ärger bekommen von Porsche, aber ich glaube, wenn ich das nochmal bringe habe ich ein Problem. Daher bin ich jetzt ein bisschen Vorsichtiger. Ich kann mir halt nicht erlauben mir jetzt was zu brechen und das passiert in solchen Amateur Rennen sehr oft. Aber es ist auf jeden Fall ein sehr cooles Hobby, obwohl sich meine Frau auch nicht immer drüber freut. Ich bin viel weg im Jahr und dann komme ich heim und sage, dass ich mal zwei bis drei Stunden Radfahren gehe, dann muss ich manchmal etwas verhandeln. Aber zum Glück hat sie verstanden, dass es mir sehr viel Spaß macht.

Wer weitere Informationen zu Laurens Vanthoor erhalten möchte, dem empfehlen wir seine offizielle Facebookseite, sowie seinen Instagramkanal.

 

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