Wir sprachen mit Maro Engel. Der in Monaco lebende Deutsche ist Mercedes-Werksfahrer und ist neben seinen Engagements in der DTM und der Formel E auch viel im GT-Sport unterwegs.
Blicken wir zu Beginn des Interviews einmal auf das vergangene Jahr zurück. 2016 holtest du in der letzten Rennrunde der 24h Nürburgring in einem beinharten Manöver die Führung und konntest letztendlich das Rennen gewinnen. Was hattest du für Gedanken und Gefühle in der letzten Runde?
Das war natürlich ein unglaubliches Finale und eine wahnsinnige Anspannung – dieser gesamte letzte Stint, maximale Konzentration und natürlich alles daran gesetzt, irgendwo Christian noch einzuholen und die Chance auf diesen Sieg zu wahren. Die Chance dieses Rennen zu gewinnen bietet sich nicht so oft, besonders bei dieser Leistungsdichte und bei den vielen potenziellen Sieg-Kandidaten. Umso erstaunlicher, dass am Ende vier AMG-Autos um den Sieg gefahren sind, allesamt mit fast fehlerfreien Darstellungen.
Als ich Christian dann eingeholt hatte war mir klar, ich wollte ein Manöver auf der Grand Prix Strecke setzen, weil dort einfach am meisten Platz und die Sicherheit am Höchsten ist. Mir war auch bewusst, dass ich ein klares Manöver setzen muss, und nicht irgendwo nur halbherzig daneben komme. Letztendlich konnte ich mich komplett neben ihn setzen. Es ist schade, dass es trotzdem zum Kontakt kam. Glücklicherweise ging es für uns beide weiter. Die maximale Anspannung hat sich erst gelöst, als ich über die Ziellinie kam. Und dann war es natürlich eine unglaubliche Freude zusammen mit dem gesamten Team. Das sind Momente, die ich in meiner gesamten Karriere nicht mehr vergessen werde. Ich habe AMG, meinem Team und meinen Teamkollegen wahnsinnig viel zu verdanken. Es war einfach etwas ganz Besonderes, das Auto als Führender über die Ziellinie zu fahren. Das war mit Sicherheit ein ganz besonderer Erfolg, an den ich mich noch sehr lange erinnern werde.
In diesem Jahr fuhrst du im Februar die 12h Bathurst in Australien. Nachdem Shane van Gisbergen das Auto, auf dem du ebenfalls fuhrst, in die Barriere stopfte warst du im Interview stinksauer auf den Neuseeländer. Habt ihr euch mittlerweile wieder vertragen?
Ja absolut, wir haben uns direkt nach dem Rennen vertragen. Es ist viel passiert, was dann auch zu dieser Reaktion geführt hat. Aber Shane und ich haben uns direkt ausgesprochen und damit war das Thema auch erledigt und abgehakt.
Du wirst im November den FIA GT World Cup in Macau bestreiten. Das GT Rennen auf dem engen Straßenkurs konntest du bereits zweimal gewinnen. Was ist deine Zielsetzung für das Rennen in diesem Jahr?
Macau ist ganz klar jedes Jahr ein Motorsport-Highlight. Die zwei Siege dort sind für mich, gemeinsam mit dem Sieg beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring, absolute Highlights meiner Karriere. Letztes Jahr mussten wir den Titel mit Platz Drei leider abgeben. Wir wissen aber, dass wir mit dem Mercedes-AMG GT3 ein sehr starkes Auto haben und natürlich auch ein sehr starkes Team. Von daher ist die Zielsetzung klar: Wir werden bis zur Ziellinie kämpfen, um diesen Titel wieder zurück nach Affalterbach zu holen!
Neben Rennen im Mercedes AMG GT3 fährst du in diesem Jahr auch wieder für Mercedes in der DTM. 2013 fuhrst du ebenfalls in den australischen Supercars. Wie unterscheiden sich die drei Fahrzeuge?
Alle Drei sind fantastische Autos und es ist wirklich interessant, die unterschiedlichen Konzepte zu fahren.
Fangen wir mit dem DTM Auto an, das im Vergleich die schnellsten Rundenzeiten ermöglicht. Die Zeit holt es vor allem in den Kurven. Das Ganze wird ermöglicht durch die ausgeklügelte Aerodynamik, die hohe Down Force. Es macht natürlich wahnsinnig Spaß. Die Kurvengeschwindigkeiten, die man damit fahren kann sind wirklich beeindruckend. Es ist mit knapp über 500 PS dennoch das, sagen wir mal, „leistungsschwächste“ Auto von den Dreien.
Der Mercedes-AMG GT3 ist ebenfalls ein absolut fantastisches Auto, das riesig Spaß macht. Das Auto ist, was die Down Force und die Leistung angeht, etwa in der Mitte der drei Beispiele anzusiedeln. Heißt, es hat etwas weniger Down Force als ein DTM Auto, kommt je nach Balance of Performance aber auf eine höhere Leistung als ein DTM Auto. Dementsprechend ist ein GT3 auf den Geraden schneller und in den Kurven ein kleines bisschen langsamer, sodass die Rundenzeiten je nach Strecke zwischen 5 und 6 Sekunden von der DTM weg sind.
Die Australischen Supercars haben im Vergleich zu den beiden anderen ganz wenig Down Force. Dementsprechend sind die Kurvengeschwindigkeiten hier am niedrigsten. Dafür hat das Supercar mit über 600 PS am meisten Leistung. Ich denke bei den meisten Fahrzeugen bewegt man sich da bei rund 650 PS.
Also wirklich sehr unterschiedliche Konzepte, die sich auch entsprechend unterschiedlich fahren. Aber alles Autos, die wirklich viel Spaß machen. Persönlich muss ich sagen, fühle ich mich im AMG GT3 und auch im DTM Auto wohler als im Supercar.
Und wie unterscheidet sich die Motorsportszene allgemein von Australien und hier?
Die australische Motorsportszene hat einfach eine andere Kultur, eine etwas andere Art Racing anzugehen. Es sind nur Kleinigkeiten, aber es ist doch ein anderes Flair.
Down Under war eine absolut tolle Erfahrung und ich möchte nichts besser oder schlechter einordnen. Wobei sich alle Serien ganz genau anschauen, wie die unterschiedlichen Konzepte in den anderen Ländern und den anderen Serien funktionieren. Da wird auch einiges voneinander übernommen. Wenn ich zum Beispiel DTM und Supercars vergleiche ist es so, dass wahnsinnig viel Wert auf die Fan-Nähe gelegt wird. In der Vergangenheit war dies in Australien noch etwas ausgeprägter. Seit geraumer Zeit hat die DTM hier einen riesen Sprung voran gemacht, sich insgesamt noch fannäher präsentiert. Und die Fans haben das auch goutiert.
Mercedes zieht sich Ende 2018 aus der DTM zurück. Könntest du dir danach vorstellen wieder mehr Rennen in GT-Fahrzeugen zu bestreiten?
Absolut – mir machen die Rennen im Mercedes-AMG GT3 wahnsinnig viel Spaß. Der Level im GT Sport ist unglaublich hoch, die Rennen sind toll, die Strecken einzigartig. Alleine wenn man an die Nordschleife, Macau, Bathurst oder auch Spa denkt. Die Herausforderung und das Zusammenarbeiten mit Teamkollegen macht mir viel Spaß und von daher kann ich mir absolut vorstellen, in Zukunft auch wieder mehr GT-Rennen zu fahren. In den letzten Jahren habe ich meine Liebe für GT-Rennen entdeckt und möchte diese Rennen auch so lange wie möglich weiterfahren.
Zusätzlich fährst du auch in der Formel E. Was denkst du, werden sich Elektroantriebe auch im GT-Sport durchsetzen?
Das ist eine gute Frage. Die Formel E ist unglaublich erfolgreich und hat sich mit ihrem Konzept auf alle Fälle durchgesetzt. Alle großen Automobilhersteller haben sich nun mit der Formel E beschäftigt oder ihren Einstieg für die nähere Zukunft verkündet. Meines Wissens ist auch eine GT-Serie mit Elektroantrieb geplant, ob diese dann so erfolgreich sein wird wie die Formel E wird sich zeigen. Ich glaube so oder so reden wir nicht von einem Ersatz des traditionellen Motorsports, denn das Ganze kann sehr wohl koexistieren. Gerade im GT-Sport erleben wir einen großen Boom. Diese Markenvielfalt und die Seriennähe der absoluten Traumautos ist etwas Besonderes. Lassen wir uns überraschen, was der Motorsport der Zukunft in Bezug auf Elektroantriebe oder vielleicht auch Hybridtechnologie noch so alles mit sich bringt.
Wer weitere Informationen über Maro Engel haben möchte, kann auf seiner offiziellen Facebookseite sowie auf seiner Website vorbeischauen.
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