Olli Martini ist als Streckensprecher der VLN vielen bekannt. Wir sprachen mit ihm über den anstehenden Saisonstart der Nürburgring Langstrecken-Serie nach der Coronakrise und über seine Historie als Streckensprecher der Serie. Zudem verrät er seine Highlights der Nordschleife. Schlussendlich unterstreicht er auch nochmal, warum es wichtig ist, dass die Fans beim Saisonstart der Nürburgring Langstrecken-Serie auf keinen Fall an der Strecke sind.

Der Saisonstart in der Nürburgring Langstrecken-Serie ist nun gesichert und wird am 27. Juni stattfinden. Wie sehr freust du dich, dass nun endlich ein Startdatum für die Saison 2020 feststeht?

Ich bin jedes Jahr im Januar schon ganz kribbelig, weil ich auf den März warten muss bis es wieder losgeht. Dieses Jahr war es natürlich dann umso schlimmer, weil wir ja auch bis gestern gar nicht hundertprozentig wussten, ob es überhaupt noch was gibt dieses Jahr. Daher bin ich sehr erleichtert und froh darüber, dass die VLN-Führung rund um Christian Stephani soviel Energie in dieses Konzept gesteckt hat und es durchsetzen konnte!

Die Nürburgring Langstrecken-Serie hat ein spezielles Konzept veröffentlich, bei dem die Boxengasse praktisch ins Fahrerlager verlängert wird. Was ist deine Meinung zu dem Konzept?

Es ist natürlich nur ein Kompromiss und keine Dauerlösung. Aber für die Überbrückungszeit ist es sicherlich die einzig vernünftige Lösung. Gut war es dabei sicherlich, dass die VLN tatkräftige Unterstützung der ILN erhalten hat, um auch die Sichtweise der Teams mit einbringen zu können.

Zuschauer werden vorerst nicht an die Strecke kommen dürfen, wie wichtig ist es, dass sich alle unbedingt daranhalten?

Das ist eminent wichtig, denn das ganze Konstrukt beruht auf der Basis, dass die Veranstaltung ohne Zuschauer stattfindet. Sollten sich irgendwelche besonders „schlaue“ Menschen auf Schleichwegen an die Strecke stellen, gefährden sie damit die weiteren Austragungen und somit auch die Existenz der VLN und der vielen Teams.

Du bist 2010 als Ersatz von Patrick Simon in das Kommentatoren-Team der VLN gerutscht. Wie kam es dazu und was waren deine Eindrücke bei deinem ersten Einsatz?

Das ist eine längere Geschichte. Patrick und ich hatten uns einige Jahre vorher kennen- und schätzen gelernt. Aus vielen Gesprächen miteinander ist ihm wohl bewusst geworden, dass ich nicht nur viel Ahnung von der Materie habe, sondern auch nicht gerade „aufs Maul gefallen“ bin. So kam er halt auf die Idee, mich als seinen Vertreter vor zu schlagen, als er selbst aufgrund anderer Verpflichtungen nicht konnte. Lars Gutsche war damit auch einverstanden und so saß ich dann auf einmal in der Sprecherkabine (es war übrigens schon 2009, wie mir unser Kameramann Schmilles neulich anhand eines Videos aufklären konnte; ich bin eigentlich auch immer von 2010 ausgegangen).

Nervös war ich nicht, aber meine ersten Worte waren eine Katastrophe. Ich habe doch tatsächlich versucht, Hochdeutsch zu reden, was aber ein absoluter Reinfall war. Und so meinte Lars zum Glück zu mir: „Du bist ein Eingeborener am Nürburgring, also bleib auch bei der Sprache der Eingeborenen.“ So konnte ich dann locker meine Sprüche runtersagen.

2020 feierst du dein 10-jähriges Jubiläum als Streckensprecher der VLN. Was waren besonders denkwürdige Rennen in deiner Laufbahn in der Kommentatorenkabine, an die du noch gerne heute zurückdenkst?

Da fällt mir als erstes das Saisonfinale 2013 ein, als die Groneck-Brüder gegen Rennmitte einen Unfall hatten, aber den weidwunden Renault Clio irgendwie wieder ans Laufen brachten und Runde um Runde einen Platz gutmachen konnten, um letztlich auf dem 4. Platz einzulaufen, der gerade so zum Titel reichte. Das war Spannung pur.

Darüber hinaus gibt es viele besondere Momente, die mir in Erinnerung geblieben sind, zum Beispiel das unglaubliche Überholmanöver von Manuel Metzger gegen Richard Lietz beim 24h Rennen 2018, als er nachts im strömenden Regen in der Miss-Hit-Miss außen rum am Manthey-Porsche vorbei ging. Wir waren Live Onboard und ich bin vor Begeisterung fast ausgeflippt in der Kabine ob des genialen Überholmanövers.

Du hast deinen Job, neben der VLN, auch bereits bei der FIA WEC, der Formel 1 oder auch beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring durchgeführt – bei welcher Serie und welchem Event macht dir das Kommentieren am meisten Spaß?

So schön WEC und Formel 1 auch waren, aber die VLN und natürlich auch das 24h Rennen sind einfach das allerschönste! Das ist meine Welt, da kenne ich sehr viele Fahrer, Teammitglieder, Offizielle, Sportwarte, Fotografen, Journalisten, Fans persönlich. Dadurch ist es alleine schon bewegend, wenn man Freitags durch die Boxengasse geht und alle paar Meter für ein Gespräch stehen bleibt.

Und die Spannung in den Rennen – ich spreche ja auch immer wieder gerne von den „Rennen im Rennen“ – bedingt durch die verschiedenen Klassen ist halt das ganz besondere an der VLN / 24h. Das noch garniert mit der schönsten Rennstrecke der Welt – besser geht es nicht!

Formel 1 und WEC waren sowas wie das Sahnehäubchen oben drauf, quasi die Belohnung für Lars und mich für wohl nicht ganz so schlechte Arbeit, die wir bei der VLN abliefern.

Gemeinsam mit Patrick Simon führst du in diesem Jahr, vor den Läufen der DNLS, durch ein Talkprogramm, wo ihr auf Highlights in der VLN-Geschichte zurückblickt. Wie kam es zu dieser Idee und wird das, trotz der startenden reellen Rennsaison, fortgesetzt?

Die Idee kam von Patrick, der ja mit seiner Sendung „PS on Air“ ein ähnliches Format bereits letztes Jahr im Rahmen der ADAC GT Masters etabliert hat. Er konnte mich in wenigen Sekunden vom Format überzeugen und auch unseren Produzenten Michel Pathe von nürburgring.tv für die Umsetzung des Ganzen gewinnen.

Patrick hat auch den Löwenanteil an der ganzen Planung gehabt, hat die Ablaufpläne erstellt, die Vorgespräche geführt und die meisten Ideen eingebracht.

Zur Fortsetzung: Themen und Gesprächspartner hätten wir sicherlich noch eine Menge in Petto. Aber das Ganze ist schon sehr zeit- und auch kostenintensiv. Durch die schrittweise Lockerung der Corona-Maßnahmen kann Patrick seine Hauptaufgaben wie bei der ADAC GT Masters jetzt durchführen, da fehlt dann schon etwas die Zeit für die Vorbereitung und auch Durchführung.

Auch der finanzielle Aspekt ist nicht zu verachten. Die Truppe von nürburgring.tv rund um Michel Pathe haben da viele, ganz viele Stunden Arbeit reingesteckt, was in dieser Form so nicht weitergeführt werden kann, denn auch bei denen beginnen jetzt wieder die „normalen“ Aufgaben. Aber vielleicht findet sich ja noch ein Sponsor, der uns dabei unterstützen wird, dann werden wir bestimmt noch die ein oder andere Sendung produzieren.

Bevor du in die Kommentatorenkabine gewechselt bist, warst du – seitdem du ein kleines Kind warst – als Fan an der Nordschleife. Welches Erlebnis ist dir da besonders in Erinnerung geblieben?

Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen gehen zurück zum 01. August 1976, dem letzten Formel 1 GP auf der Nordschleife. Vom Wehrseifen aus konnte ich die Qualmwolken vom Lauda-Unfall natürlich sehen und war als damals 6-jähriger zum ersten Mal bewusst mit den Negativseiten des Motorsports konfrontiert worden.

Welches ist dein persönlicher Lieblingsabschnitt an der Nordschleife? Und was sind deine Empfehlungen für Besucher an der Strecke?

Als Fan war ich immer am liebsten im Bereich Ausgang Fuchsröhre – Anfahrt Adenauer Forst. Auch im Metzgesfeld war ich immer sehr gerne. Die meiste Zeit habe ich aber sicherlich in der Wehrseifen verbracht, alleine schon wegen der Nähe dorthin.

Den Fans empfehle ich immer wieder gerne, im Brünnchen zu parken und dann entgegen zur Strecke bis zur Hohen Acht hochzugehen. Da ist man immer nah dran an der Strecke und sieht die ganze Vielfalt der Nordschleife hautnah. Ähnlich verhält es sich, wenn man von Breidscheid entgegen der Fahrtrichtung bis zum Metzgesfeld hochgeht.

Du wohnst in der Nähe des Nürburgrings – wie wichtig ist diese Rennstrecke für die komplette Region?

Gerade die letzten drei Monate haben gezeigt, wie wichtig der Nürburgring für die gesamte Region ist. Von einem gesunden Nürburgring mit vielen Gästen profitieren nicht nur die Gastronomen und Hoteliers, sondern nahezu alle. Die Hoteliers müssen ja ihre Möbel auch irgendwo kaufen, die Restaurants ihre Handwerkerleistungen auch irgendwo bestellen.
Wir alle hatten nach der Insolvenz große Angst, wie es wohl weiter geht am Nürburgring, aber die neuen Besitzer haben mit ihrem Konzept und den langfristigen Verträgen für eine unglaubliche Aufbruchstimmung in der Region gesorgt, die Corona-Krise hat da natürlich wie überall sehr heftig reingeschlagen. Aber ich bin sehr optimistisch, dass gerade hier in der Region weiter emsig am Aufschwung gearbeitet wird.

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